Am Ende des Tages

Ein Kabarettstück von Christof Spörk in zwei Akten. Pointiert, ­musikalisch und lustig. Wie gewohnt. Nur noch besser.
Hier die persönliche Zugabe des Kabarettisten nach dem Auftritt. Mit Schwarzbrottoast und Volkswirtschaftler Rudi Dujmovits. Ein Einakter.
Erste Szene

Personen: Christof Spörk, Kabarettist und Musikant; Kathrin Löffel, Kabarettbegeisterte
Ort der Handlung: Ecktisch im Theatercafé Graz, Kulturinstitution, am späten Abend, nach der Premierenvorstellung

Spörk: Das mit dem Smartphone und dem Aufnehmen ist eine super Sache. Die Brexit-Idee habe ich sofort aufgenommen. Da bin ich gerade mit dem Auto von Stuttgart retour gekommen.
(Nach einer kurzen Pause) Aber du musst schon auch etwas fragen.
Der Schwarzbrottoast kommt. Spörk beißt genüsslich hinein.

Spörk: Ach, das ist schon ein super Team hier im Theatercafé. Wir haben als Studenten mit der Landstreich hier angefangen. Das Bild da oben – da glaube ich immer, das bin ich. Dabei bin ich es gar nicht. (lacht)

Also, was interessiert eure Leser so? Was wollen sie wissen? Warum ich so erfolgreich bin? (beißt vom Toast ab und lacht)

Löffel: Naja, wie du als Mensch so bist, wollen wir wissen, und was die Leute nach deinem Programm mitnehmen sollen. Ich finde ja, du riskierst oft auch ernstere Themen, über die sich nicht alle trauen.

Spörk: So wie Gutmensch. Das ist mir aber wichtig. Ich glaube, manche verstehen das Kabarett als „Ich habe gut gelacht und dann war es gut“. Und ich glaube auch, dass das wirklich wichtig ist. Lachen ist die Essenz. Aber (Anm.: „Aber“ ist auch der Titel eines der neuen Lieder von Spörk)
das Kabarett ist wie ein Flieger. Es geht nicht nur ums Fliegen, sondern es geht auch um den Zweck. Darum, dass die Leute, die zuhören, auch wohin kommen, und zwar von A nach B. Sie sollen auf ungewohnte und unterhaltsame Weise Denkanstöße bekommen. Ich glaube, der Kabarettist ist jemand, der vielleicht Kanäle bedient, die nicht geschlossen sind. Und so die Leute erreicht.
(Beugt sich in Richtung Smartphone) So ein schöner Sager aber auch.

Zweite Szene

Personen: dieselben + Rudolf Dujmovits, Volkswirtschaftslehrender
Ort der Handlung: immer noch der Ecktisch, mit Blick auf das Waschbecken und die Bühne

Spörk: Oh, das ist der Rudi, ein Nachbar, kann man sagen. Aus dem Burgenland.
(Rudi Dujmovits setzt sich zum Tisch)
Das war auf dem Weg zu dir, zum Essen, wie mir die Idee mit dem Erich-Kästner- Zitat und dem Brexit-Gedicht eingefallen ist.

Dujmovits: Mir scheint, wir fördern deine Kreativität. Dann müssen wir dich öfter zum Essen einladen.

Spörk: Hat dir das Programm gefallen?
Dujmovits: Ja, natürlich. Dabei habe ich nur eine Stunde geschlafen. Ich habe mir die Wahl angeschaut (Anm.: US-Präsidentschaftswahl).
Spörk (lacht): Na, dann war mein Programm für deine Intelligenz und übermüdet ja genau richtig.
Dujmovits: Ich habe nicht alles verstanden (lacht). Wobei das mit dem Verfassungsbogen wirklich schön erklärt war. Das werde ich mir merken für die Lehrveranstaltung: „Wo ist die Mitte?“ (Anm.: politisch betrachtet)
Spörk: Ja, siehst. Und das ist mir schon wichtig, dass die Botschaft rüberkommt. Dieser Satz mit „Wir sind die neue Mitte“ in der Politik. Da habe ich mir schon gedacht: „Wissts ihr eigentlich, wo ihr steht?“ Es ist nicht normal, dass die Leute heute rassistisch, homophob und sonst was sind.
Dujmovits: Die Politiker sind aber nicht die Trottel. Es gibt keine optimalen Wahlregelungen.
Spörk: Die Rechtspopulisten schimpfen auf die bösen Politiker. Dabei sind sie ja selbst welche. Es gibt keine Bescheidenheit mehr, dass das vielleicht wirklich ein schwerer Beruf ist.
Dujmovits: So erkläre ich das meinen Studenten auch immer und frage: „Wie sieht es in eurer WG aus? Oder bei Partnerschaften?“ Da versteht man sich auch nicht immer. Dabei sind das im Vergleich noch kleine Meinungsverschiedenheiten.
Spörk: Ich glaube, es ist dieses Vereinfachen. Dieses Nicht-die-Komplexität-des-Lebens-anerkennen-Wollen. Es ist nun einmal mehr als schwarz und weiß.
Der Schwarzbrottoast ist inzwischen Geschichte. Immer wieder kommen Leute näher, verabschieden sich und gratulieren Spörk zum Programm.
Löffel: Also ohne Politik könntest du wohl nie ein Programm machen?
Spörk: Nein, das geht nicht. Ich glaube, ich habe nicht eine Nummer drin, die nicht politisch ist. Ich möchte die Leute erreichen, auch wenn sie anders denken.
Dujmovits bestellt sich noch ein Achterl rote Cuvée.
Dujmovits: Das BIP („Bruttoinlandsprodukt“ – auch ein Lied von Spörk) hast Du super erklärt. Hast du da einen Podcast? (lacht) Dann spiele ich das einmal in der Vorlesung vor.
Spörk: Ich wollte einfach diesen Irrsinn aufzeigen. Wir reden nur vom BIP und das macht schlechte Stimmung, weil es heißt, die Wirtschaft wächst nicht. Dabei ist das BIP auch nur Statistik und für unser Wohlbefinden irrelevant.
Wir sind in Europa, Japan und den USA in einer Phase, in der wir eigentlich qualitätsmäßig wachsen sollten und nicht quantitativ. Ein Mensch wächst ja auch nicht ewig. Irgendwann wächst man nur noch innerlich. Das BIP misst nur die Quantität. Und wenn wir uns am BIP festhalten, dann werden wir depressiv.
Dujmovits: Das sagt ja schon John Maynard Keynes, der das BIP definiert hat. Es ist kein Wohlstandsmaß.
Rudi erklärt das BIP und STS trällert „Fürstenfeld“ aus den Lautsprechern.
Löffel: Hey, das ist ja fast eure Heimat.
Spörk (lacht): Stimmt. Meine Kinder gehen auch in Fürstenfeld zur Schule. Das ist wie Harvard für uns im Burgenland.
Das „Bip Bip Bap Bap“-Lied habe ich zum Beispiel meinen Kleinen zu verdanken (Anm.: BIP ist in Spörks Fall eine Mischung aus Bruttoinlandsprodukt-Erklärung und Kinderlied).
Löffel: Und man lernt nicht nur über das BIP, sondern auch, dass man sich nach dem Klo-gehen die Hände waschen soll.
Spörk: (laut) Es stimmt ja wirklich. Da waschen sich bestimmt auch nicht alle die Hände (den Arm in Richtung Waschbecken deutend).
Löffel: (lacht) Und haben sich im Programm auch sicher ertappt gefühlt.
Deine drei Säulen der Inspiration sind also Politik, Familie und – ohne Musik geht es auch nicht, oder?
Spörk zu Dujmovits: (der Blick auf das aufnehmende Handy am Tisch gerichtet) Das klingt jetzt blöd, aber wir machen hier ein Interview.
Und ja: Ohne Musik geht es nicht. Wäre ich als Kind ein bisschen fleißiger gewesen, dann wäre es sich vielleicht ausgegangen und ich hätte das Kabarett ausgelassen.
Dujmovits: Aber du bist ja Musiker (Anm. Global Kryner, Die Landstreich) und hast dich dann für das Kabarett entschieden.
Spörk: Ich bin Musikant. Nicht jeder Musiker ist ein Musikant. Aber ein Musiker kann auch ein Musikant sein.
Lenny Kravitz übernimmt das Ruder von STS in den Lautsprechern. Das Ende des Tages im Theatercafé rückt näher.
Spörk: Ein Musiker ist Techniker seines Instruments. Man sagt ja, Musiker sind gute Mathematiker. Das stimmt auch. Musikant ist mehr die spielerische Variante.
Löffel: Mehr mit Gefühl und Emotion?
Spörk: Es ist emotional, aber auch als Kommunikationsmittel ist Musik hier viel stärker. Ich war in Bars, da wurde nicht geredet, sondern nur musiziert, und so kommuniziert. Ein Erlebnis, diese Abende. Ich sage immer, das ist Musikunterricht.
Aus den Lautsprechern kommt keine Musik mehr. Was will uns das Theatercafé damit sagen? Spörk zahlt seinen Schwarzbrottoast, Dujmovits sein Achterl und die Runde verlässt die Bühne – den Raum.
VORHANG

 

Info

Christof Spörk

Aktuelles Programm: Am Ende des Tages

Alle Termine unter: www.christofspoerk.at

 

Beitragsbild: Wolfgang Hummer