Bitter ist hier gar nix! Eine Reise nach Curaçao

Bitter ist hier gar nix! Eine Reise nach Curaçao
Landhäuser, unbewohnte Küstenabschnitte, Nationalparks und Strände, die an Robinson Crusoe erinnern. „Bon bini!“ auf Curaçao.

Nein, das hier ist keine Geschichte über eine Insel und ihre Schrumpelpomeranzen. Aber ja: Wer an Curaçao denkt, hat in 99 von 100 Fällen zuallererst das blaue Destillat im Kopf. Und es stimmt ja auch: Der Likör Blue Curaçao hat die Insel ­Curaçao wohl erst berühmt gemacht. Trotzdem sucht man auf der nicht mal 450 Quadratkilometer großen niederländischen Karibikinsel verwilderte Orangenbäume mit den bitteren Laraha-­Früchten meist vergebens. Selbst in den Souvenirshops in der Hauptstadt Willem­stad fehlt vom blauen Cocktail-Liebling jede Spur. Zu Hause ist das Destillat offenbar nur im Duty-Free und im ­Landhuis Chobolobo, der traditionellen Destillerie der Insel. Es gibt aber definitiv spannendere „Landhuizen“ auf ­Curaçao. Die etwa 55 erhaltenen, ehemaligen Plantagenhäuser, die sogenannten Landhuizen, sind architektonische Zeugnisse der Inselgeschichte.

Auf dem Weg nach Westpunt kommt man an Salzseen vorbei. Hier sind die meisten Flamingos der Insel zu sehen. (Foto: AdobeStock/Natalia Barsukova)

Ab der zweiten Hälfte des ­17. Jahrhunderts bauten die Eigentümer diese Landhäuser für sich und ihre Familien – meist stehen sie auf einer kleinen Anhöhe mit Blick über die ehemaligen Plantagen. Eines der ältesten Landhäuser trägt den Namen des einstigen Sklaventreibers Jan Kok. Von der Terrasse hat man heute einen herrlichen Blick auf die Salzpfannen der St. Marie Bay, Heimat Dutzender Flamingos. Im Haus selbst betreibt Nena Sanchez, eine bekannte einheimische Künstlerin, eine sehenswerte und farbenverliebte Galerie. Um die Vielfalt der Insel visuell und kulturell inhalieren zu können, empfiehlt sich ein Mietauto. Von Sanchez‘ Kunst­domizil fährt man am besten weiter Richtung Westpunt, dem nordwestlichen Teil Curaçaos. Die Strände rings­ ­herum prahlen mit ihrer natürlichen Schönheit. Grote Knip ist definitiv ein Fotospot –  intimer wird es auf den Strandabschnitten ­Kleine Knip und ­Playa Jeremi. Am besten man tut es den Einheimischen gleich und kommt schon frühmorgens mit gut gefüllter Kühltasche hin. Der Aufwand lohnt sich für Sonnenanbeter, Schnorchler und Tauchfreaks gleichermaßen.

Unbeherrschte Nordküste

Nachmittags, am Rückweg in die Hauptstadt, nehmen wir den neuesten Nationalpark der Insel als Hotspot mit. Abseits von Touristenpfaden entdeckt man im Shete Boka National Park nämlich die raue und unbewohnte Nordküste Curaçaos. Gestartet wird bei der sogenannten Boka Tabla, einer unterirdischen Höhle, in der hohe Wellen schäumen. Stufen, die in den Stein geschlagen wurden, führen direkt in das Herz dieser Höhle. Anschließend wandert man entlang der Kalksteinklippe und erkundet auf eigene Faust und gut gekennzeichneten Wegen die unberührte Küste. Wer seine Kamera vergisst, wird es definitiv bereuen!
Curaçao vereint wie selten eine andere Insel Stadtleben und Natur auf besondere Art und Weise. In der Hauptstadt Willemstad im südlichen Teil des Karibikkleinods kommt vor allem optisch die niederländische Historie zum Tragen. Die farbenprächtigen Gebäude aus der Kolonialzeit an der Wasserfront und die schwimmende Königin-Emma-Brücke sind allzeit beliebte Fotomotive. Kulinarisch ist man am Old Market hinter den schwimmenden Marktständen gut aufgehoben, wenn man kreolische Küche ohne Schnörkel, preiswert und in rudimentärem Flair bevorzugt. Den besten Fisch der Insel isst man bei De Visserij piscadera mit Blick über die Lagune. Qualität und Prinzip des Restaurants scheinen einzigartig: Man bestellt am Tresen Menge bzw. Gewicht, Fischart (aktueller Fang ist auf der Tafel ausgewiesen) und Garpunkt, bezahlt und wird einem Tisch zugewiesen.

Fischliebhaber werden diese bessere Freiluft-Kantine nicht mehr vergessen: Im Lokal De Visserij piscadera in Willemstad bestellt man Fisch nach Gewicht und Garpunkt an der Theke. Schwerste Empfehlung! (Foto: Tina Veit-Fuchs)

Wichtig!

Vor allem abends sollte man zeitig vor Ort sein, es bildet sich rasch eine Schlange. Aber selbst dann lohnt es sich definitiv zu warten!
Noch eine Perle, die man sich bei einem Aufenthalt auf Curaçao reinziehen muss, ist Little Curaçao. Eine Stunde Bootsfahrt entfernt, ist das unbewohnte Kleinod ohne Infrastruktur mit knapp zwei ­Quadrat­kilometern leicht zu Fuß erkundbar. Ein Schiffswrack und ein verlassener Leuchtturm sowie ein Küstenteil mit Schildkröten sind imposante  Landmarks. Im Zuge eines gebuchten Ausflugs bleibt nach einer einstündigen Inselumrundung noch ausreichend Zeit für ein Nickerchen am Strand. Fazit: Blue ist Curaçao in jedem Fall und bitter ist hier bis auf den Abschied aus dem Paradies gar nichts.

Von Tina Veit-Fuchs

 

Beitragsbild: AdobeStock/Solarisys