Das Hofladen- Universum

Das Hofladen-Universum. Foto: Robert Frankl
Das Schlaraffenland befindet sich direkt vor unserer Tür: Wie genussreich und vielfältig unser Teller durch die heimische Landwirtschaft gedeckt ist, zeigen die Bauernläden unseres Landes.
Das Hofladen-Universum. Foto: Thomas Heidemann Jun.

Vom frisch gebackenen Striezel über fruchtigen Cider, Joghurt, Bauerntopfen bis hin zu den eigenen Freilandeiern bietet Brigitte Heidemann eine große Bandbreite an regionalen Köstlichkeiten von insgesamt fast 30 Produzenten im Hofladen an. Foto: Thomas Heidemann Jun.

Ab-Hof-Verkauf und Hofläden existieren, seit es Bauernhöfe gibt. Die Wertschätzung für Lebensmittel direkt vom Produzenten steigt aber umso mehr, je  undurchsichtiger die Nahrungsmittelindustrie wird, der wir täglich in Supermärkten begegnen. Bäuerin und Bauer erzählen im Hofladen bereitwillig, wie das Geselchte zum Leckerbissen geworden ist, wie die besondere Kruste beim Bauernbrot entsteht und was die Hühner zum Abendessen bekommen. In der Homeoffice- und Lockdown-Zeit erfuhren die meisten bäuerlichen Nahversorger regen Zulauf – so lernte auch die VIA-Redakteurin das Hofladen-Universum vor ihrer Haustür noch besser kennen.

„Griaß di!“

Ein Einkauf beim Hofladen ist so gut wie nie anonym und immer werden auch ein paar nette Worte gewechselt. Großartig auch, dass Neugierige und/oder Gesundheitsbewusste immer erfahren, was hinter der ausgesuchten Köstlichkeit steht, das Zauberwort Transparenz wird überall gelebt. Bei der Hinfahrt zur Familie Karner-Friedrich in der Gemeinde Eggersdorf sieht man schon deren Angusrinder – und die Mohnblumen im Getreidefeld leuchten.

Im Hofladen gibt’s die Erklärung für die Blumen: „Wir haben auf bio umgestellt!“ Gerlinde und Manfred Karner-Friedrich sehen den Kreislauf, in dem sie leben und produzieren, sehr bewusst: „Es bringt weniger Ertrag, aber wir wollen es nicht mehr anders“, bekräftigt die Bäuerin. Die 150 Schweine am Hof haben so viel Platz wie 600 in  konventioneller Haltung und 2019 wurde der Hof als „Musterbeispiel für besonders tierfreundliches Bauen im ländlichen Raum“ von der Tierschutzombudsstelle Steiermark ausgezeichnet. Motto: „Wer Natur und Tiere mag, behandelt sie mit Respekt.“

„Wir bieten im Hofladen nur Produkte an, die wir selbst mögen. Es muss uns schmecken!“ Brigitte Heidemann, Niederschöckl

Der Zusammenschluss mit fünf Höfen zum „s’Hofradl“ bringt die Vielfalt in den Hofladen, Herzstück ist aber die Vitrine mit Fleisch- und Wurstwaren, die ebenso unkonventionell hergestellt werden. Statt Pökelsalz werden Bio-Kräuter und braunes Steinsalz verwendet. Karner-Friedrich: „Ich habe noch ein uraltes Rezeptbuch, wie das früher gemacht wurde, dieses Wissen sollte nicht verloren gehen.“ Leberknödel, Beuschel- und Klachelsuppen, Aufstriche und auch Mehlspeisen bereitet die Bäuerin selbst zu, und wenn der eigene Haus- oder Obstgarten übergeht, wird die Auswahl im Laden noch größer. Besonderes wie zum Beispiel das Waldstaudenroggenbrot (Urdinkel!) oder die Waldstaudenroggennudeln sind spannend für alle, die Neues ausprobieren wollen.

Ab in den Hühnerstall

Das Hofladen-Universum. Foto: Karner-Friedrich

Eigene Fleischwaren und -Erzeugnisse von Bio-Schweinen und Bio-Angusrindern gibt es neben Nudeln, Säften, Gemüse und Obst nach Saison u. a. im Hofladen Karner-Friedrich. Foto: Karner-Friedrich

Der Hof der Familie Heidemann mitten in Niederschöckl in der Gemeinde Weinitzen wurde in der Coronazeit regelrecht gestürmt: „Manche haben sich gefürchtet vor dem Supermarkt“, erzählt Brigitte Heidemann. Der Hof war einst einer der ersten Lieferanten für Toni’s – und Freilandeier blieben auch das Kerngeschäft. „Geht’s den Tieren gut, geht’s auch uns gut“, steht über allem. Bei der spontanen Hofführung wird deutlich, dass auch hier Natur statt Chemie auf dem Plan steht. Die Legehennen kommen aufgeweckt und neugierig dahergerannt (insgesamt 5.500 sind am Hof), sie dürfen in der Wiese kratzen und sich in den Schatten von Bäumen und Büschen verziehen, die Koppeln werden monatlich gewechselt.

Zurück zum Hofladen: Die große Produktvielfalt von fast 30  Produzenten – Rohmilch aus dem Automaten, Milchprodukte, Speck, Hühnerfleisch, Gewürze, Nudeln, Frizzante, Kernöl u. v. m., dazu ein Mal wöchentlich mit „Bauernmarkt-Charakter“ ein Gemüsestand, ein „Genussbus“ von Jaga’s Steirerei, frisches Brot und Striezel … all das macht den Hof mittlerweile zum Kundenmagnet. „Die letzten Wochen haben gezeigt, dass von allem noch mehr sein könnte“, erzählt Thomas Heidemann, aber man gibt sich abwartend optimistisch: „Jetzt schauen wir einmal, ob der Hype anhält.“ Spannend sei, dass man auch mal Neues ausprobieren könne. Fürs Sortiment gilt generell, so Brigitte Heidemann: „Wir bieten im Hofladen nur Produkte an, die wir selbst mögen!“

Persönlicher Kontakt

Szenenwechsel zurück in die Gemeinde Eggersdorf, wo seit 1995 die Familie Reiß den Bauernheurigen mit dazugehörigem Hofladen betreibt. Der Heurige ist das lebendige Zentrum des landwirtschaftlichen Betriebes, um den sich alles dreht. Auf der Speisekarte finden sich auch Spezialitäten und Raritäten, die sich aus der Philosophie des Vater-Sohn-Gespanns Siegbert und Siegmar Reiß ergeben: Nose-to-Tail – bedeutet, dass das ganze Tier, in diesem Fall das südoststeirische Woazschwein, genützt wird. Deshalb finden sich im Hofladen neben Sirup, Nektar und Kernöl auch Breinwurst, Selchwürste, Speck … und aus all den Jausen-Köstlichkeiten werden auch gerne Platten fixfertig zubereitet.

„Diese Nose-to-Tail-Philosophie kann man aber nur leben, wenn man akzeptiert, dass nicht immer alles da ist“, erklärt Siegmar Reiß und hält fest, dass er das dem Kunden am liebsten im persönlichen Kontakt erklärt – was im Heurigen und Hofladen möglich ist. Fleischer und Wirt, dann gibt’s noch den Bäcker: Vater Siegbert Reiß hat sich dermaßen in die Kunst des Brotbackens vertieft, dass die gewonnenen Medaillen so viel wiegen wie 15 Laibe knuspriges Reiß-Brot. „Die Kunden schätzen die hohe Qualität“, freut sich Siegmar Reiß, „zu uns kommen nicht wenige, die sonst vegetarisch leben, und nur bei uns Fleisch essen“.

„Wir spielen virtueller Bauernladen“

Das Hofladen-Universum. Foto: Land schafft Leben

Obmann und Gründer von Land schafft Leben:
Bio-Bergbauer Hannes Royer aus Schladming. Das Hofladen-Universum. Foto: Land schafft Leben

Der Verein Land schafft Leben stellt den Wert heimischer Lebensmittel in den Fokus.

Das Bewusstsein für den Wert heimischer Lebensmittel zu heben, ist das erklärte Ziel des Vereins Land schafft Leben (LSL). Bio-Bergbauer Hannes Royer aus Schladming will als Gründer von LSL die Menschen und Geschichten hinter den wertvollen Produkten ans Tageslicht bringen – auch für Supermarktkunden.

Wie relevant sind Bauernläden für die Verbreitung der LSL-Botschaft?

Als Symbol und gelebtes Bekenntnis zur Regionalität sind Bauernläden unschätzbare Botschafter dafür, wofür die Land-schafft-Leben-Bewegung steht und unser  Herz schlägt. Insofern tragen sie unsere Idee vielleicht weniger in die Masse, dafür aber umso nachhaltiger in die Köpfe und, wenn man so will, Mägen ihrer jeweiligen Kundschaft.

Was leistet ein Bauernladen, was ein Supermarkt nicht kann?

Ganz klar, die über das Lebensmittel mitgelieferte Geschichte hinter den Produkten. Und damit einen viel unmittelbareren Bezug zur ganzen Welt der  Lebensmittel und zum Lebensraum, in dem sie produziert worden sind. Das alles kann in der anonymen Massenware naturgemäß nicht mitkommuniziert werden. Wir von Land schafft Leben sehen es als unsere Aufgabe, genau diese Zusammenhänge und Geschichten auch den Supermarktkunden, die natürlich die ganz große Masse ausmachen, wieder zu vermitteln. Wir spielen also sozusagen virtueller Bauernladen.

Führen Sie selbst einen Bauernladen?

Jein. Im Zuge der Schi-WM 2013 habe ich so etwas wie einen regionalen Warenkorb zusammengestellt, der dann in einem dauerhaften Verkaufsort in Schladming und der Gründung der Marke „Heimatgold“ gemündet ist, wo meine Mitarbeiter regionale, hochwertig verarbeitete Schmankerl im ansprechenden  Ambiente anbieten. Inzwischen gibt es mit Zell am See und St. Wolfgang zwei weitere „Heimatgold“- Standorte, die demselben Grundgedanken verpflichtet sind.
landschafftleben.at

CLAUDIA RIEF-TAUCHER

Kontakte

Hofladen Karner-Friedrich s’Hofradl
Greithgrabenstraße 32
8063 Eggersdorf
Tel.: +43 3132/34 50
E-Mail: hofladenkarner@aon.at
Öffnungszeiten: Do.: 15–18 Uhr; Fr.: 10–18 Uhr und nach tel. Vereinbarung
hofradl.at/karner-friedrich

Hofladen Heidemann
Niederschöcklstraße 29
8044 Weinitzen
Tel.: + 43 664/50 13 288
E-Mail: office@heidemann.at
Öffnungszeiten: Mo., Di., Do., Fr.: 8–18 Uhr; Sa.: 8–14 Uhr
heidemann.at

Bauernheuriger Reiß mit Hofladen
Volkersdorferstraße 87
8063 Eggersdorf
Tel.: +43 3117/20 80
E-Mail: office@reiss-heuriger.at
Öffnungszeiten: Do., Fr.: 16–22 Uhr; Sa., So.: 11–22 Uhr
reiss-heuriger.at

bauernladen.at Österreichweiter Online-Bauernladen

Land schafft Leben
Erzherzog-Johann-Straße 248b
8970 Schladming
Tel.: +43 3687/24 008
E-Mail: post@landschafftleben.at
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