„Die Küche ist ein heiliger Ort“

Produkt-Fanatiker, Perfektionist in der Küche und vollkommener Gastgeber:
Fabio Neziri kocht im La Perla auf Topniveau. Graz darf sich freuen.

„Wenn ein Baby auf die Welt kommt, sucht es aus einem natürlichen Instinkt heraus als Erstes die Brust seiner Mutter. Warum? Weil Essen das Wichtigste auf der Welt ist.“ Die Augen von Fabio Neziri leuchten, wenn er über sein Lieblingsthema philosophiert.

Im Sommer hat der 43-Jährige gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Nagib Ibraimi das Restaurant La Perla in der Grazer Schmiedgasse eröffnet. Als eleganten und anspruchsvollen Gegenpol zum inflationären Pizzeria-Einerlei an der Murmetropole.

Fabio wurde als Faruk Neziri in Bihać in der Nähe von Belgrad geboren, seine prägenden Jahre verbringt er in Italien, wobei ihm die Herkunft wenig bedeutet: „Faruk oder Fabio – ist doch egal. Ich bin ein Cittadino del Mondo, ein Weltbürger“, sagt er über sich.

Maximale Transparenz

Sauberes Arbeiten, Perfektion im Handwerk, Kompromisslosigkeit bei der Qualität verlangt Neziri seinem Team und sich selbst ab. Eine Transparenz, die keinesfalls nur sprichwörtlich zu verstehen ist, der Küchenchef agiert hinter Panorama-glasscheiben in einer offenen Show Kitchen.

Schließlich gibt es hier nichts zu verbergen – dafür umso mehr zu sehen.
Ein Leben lang hat Fabio Neziri den Genuss in den Mittelpunkt seines Schaffens gestellt. Stand in den besten Restaurants in Rom und Asola als Küchenchef hinter dem Herd, wo er seinen klaren, puristischen Stil entwickelte, den er kurz und knapp so beschreibt: „Ein Gericht muss schön und einfach sein.“ Sehr schön, sehr einfach und unfassbar gut, wie das Antipasto, das er vor unseren Augen zubereitet.

Eine rohe Jakobsmuschel, die auf einer warmen Nocciole-Crema thront. Ein puristisch inszeniertes Gericht, das die typyische Handschrift des Fabio Neziri trägt, und das im ganz wörtlichen Sinne. 2012 wurde seine Kreation sogar mit dem Titel „Bestes Antipasto di pesce alle Nocciole d’Italia“ ausgezeichnet.
Ein Schaffensdrang, den er auch außerhalb der Küche auslebt: im eleganten Entree des La Perla hängen großformatige, plakative Bilder des Küchenchefs. „Bei allem, was ich tue, möchte ich Emotionen transportieren. Wenn daraus ein Business wird, freut es mich, aber es ist nicht das Wichtigste.“
Emotionen, die sich bei Fabio Neziri in einer Detailversessenheit und einem liebevollen Fetisch für seine Produkte niederschlagen.

Die Steiermark und ihre Produktvielfalt paradiesisch für ihn. Zu jedem seiner Basics weiß er Geschichte und Herkunft zu erzählen. Thunfisch und Gamberi kommen aus Mazara, den Lachs für das zweite Antipasto hat er mit toskanischem Tabak geräuchert. Und das Lamm hat auf den salzigen Fjorden Norwegens gegrast, das sei der Grund für den fein-würzigen Geschmack des Fleisches.

Die Art, wie Neziris Finger sich mit den Knochen der Lammkrone verschränken, hat fast schon ein erotisches Element. Die Lammtranche brät Neziri einfach einen Moment lang über der Flamme des Gasherdes an und erwischt dabei ganau den Punkt. Weich wie Butter und unendlich zart landet es gemeinsam mit zwei Wachtelspiegeleiern, gebratenen Austern- und Shiitakepilzen und einer zarten Crema di Funghi auf unserem Teller. Darüber hobelt Neziri Alba-Trüffel – zu unserer Freude nicht zu knapp. Halleluja, eine Kombination, die glücklich macht!

Auf einem riesigen goldenen Teller drapiert  der Patron schließlich meine persönliche Portion Soul Food an diesem Tag – Fabios „Spaghetto al Pomodoro“. 24 Stunden lang hat das Sugo aus San-Marzano- und Piennolo-Vesuv-Tomaten vor sich hingeköchelt. Reduziert auf maximalen Geschmack feiert es jetzt mit der Pasta di Gragnano – was für eine wunderbar raue Oberfläche! –, molto Grana Padano und einem Stück Butter Hochzeit in der Pfanne. Si, will man fast hauchen.

 

Fabios Spaghetto
al Pomodoro e Basilico

Zutaten für 4 Personen:
240 g Spaghetti MAXI di Gragnano von Pastificio Dei Campi
1 kg San-Marzano- und Piennolo-Vesuv-Tomaten
1 Stiel Stangensellerie, 1 Karotte, 1 Edelzwiebel
80 g Grana Padano, 1 Stück frischer Peperoncino
Natives Olivenöl von Laudemio Frescobaldi
30 g Butter, Salz, Zucker und Basilikum nach Bedarf

Tomatensauce Zubereitung: Die gehackten Edelzwiebeln zusammen mit der Karotte und Sellerie in etwas Olivenöl anschwitzen, die Tomaten hinzufügen, aufkochen lassen und zwei Stunden auf kleiner Flamme köcheln lassen. Danach die Sauce für eine weitere Stunde langsam fertigkochen, um die Tomaten auf die Hälfte ihres Volumens zu reduzieren. Am Schluss alles passieren und im Kühlschrank 12 Stunden lagern. Am nächsten Tag ist die Sauce fertig.

Pasta Zubereitung: Ausreichend Wasser in einem großen Topf zum Kochen bringen. Das kochende Wasser salzen und die Spaghetti Maxi dazugeben. In einer Pfanne die fertige Tomatensauce wärmen, mit Salz und Zucker abschmecken und frisches Basilikum un Peperoncino unterrühren. Die Spaghetti al dente kochen, abgießen und mit der Tomatensauce vermengen. Vor dem Servieren mit etwas Butter und Grana Padano verfeinern.

 

 

CLAUDIA PILLER-KORNHERR

Fotos: Helmut Lunghammer