Ein Blick in Nachbars Garten

Eine Handvoll leidenschaftlicher Gartenfreunde aus der Steiermark öffnet seine Refugien für Besucher. Heuer feiert der Verein Garten-Lust sein zehnjähriges Bestehen.

 

„Willst du ein Leben lang glücklich sein, lege einen Garten an“, besagt ein Sprichwort aus China. Sissy Sichart hat diesen Ratschlag in jeder Hinsicht beherzigt. In St. Kathrein im steirischen Almenland hat sie sich gemeinsam mit ihrem Mann ein 4000 Quadratmeter großes Refugium geschaffen. „Die hängenden Gärten der Sulamith“ nennt die Familie ihr grünes Paradies in Anlehnung an das Mädchen Sulamith, das im biblischen Hohelied für Reinheit und Schönheit steht. Hier auf 1000 Meter Seehöhe gedeiht auf mehreren Terrassen eine außergewöhnliche botanische Vielfalt an Bäumen, Sträuchern und Heilkräutern.

Weil die Besitzerin des blühenden Hideaways auch andere an der bunten Pracht teilhaben lassen wollte, vermittelte sie immer wieder in exklusiven Gartenführungen ihr breites Wissen über Botanik und Kräuterheilkunde.

Das brachte sie vor rund zehn Jahren gemeinsam mit einer Handvoll Gartenbegeisterter aus der Oststeiermark auf die Idee, die eigenen Gärten einem breiten Publikum zugänglich zu machen, gewissermaßen die Geburtsstunde des Vereins Garten-Lust.

Das Prinzip: Gegen Voranmeldung und eine kleine Gebühr öffnen sich für die Besucher die Pforten zu fantastischen Gartenlandschaften. Mittlerweile hat sich der Verein zu einem außergewöhnlichen Projekt entwickelt und auch über die steirischen Grenzen hinaus Begeisterung hervorgerufen.

 

Foto: Verein Garten-Lust

 

Anziehungspunkt für Gartenfreunde aus ganz Europa

Insgesamt 33 Gartenbesitzer aus der gesamten Steiermark bis hinein ins Burgenland haben sich der Initiative bislang angeschlossen. Auch Gartenfreunde aus der europäischen Nachbarschaft zählten zu ihren Besuchern, erzählt Sissy Sichart. „Sogar aus England, das ja die Wiege der Gartenkunst ist, kommen Gäste zu uns in die Ost­steiermark“, lacht sie. Was ihr am Projekt Garten-Lust besonders gefällt, sind die Vielfalt und die Unterschiedlichkeit der Gärten. Oft könne man vom Besitzer direkte Rückschlüsse auf den Garten schließen. „Es gibt ganz durchdesignte, klare Männergärten, aber auch verspielte Rosengärten, die eine zarte Handschrift tragen.“ Manchmal gehe der Besuch im Garten über die reine Besichtigung hinaus.

„Einige bieten den Gästen Kaffee und Kuchen an. Andere geben Gartenkonzerte oder veranstalten Kurse in Rosenschnitt oder Kräutersafaris für Kinder. Unsere Mitglieder sind unheimlich kreativ“, schwärmt sie.

 

Wie der Gärtner, so der Garten

So zählt etwa der Flussgarten von Maria Kleindienst in Eibiswald in der Südweststeiermark zu einem der beliebtesten Besucherziele. Wie eine Naturarena erstreckt er sich über mehrere Ebenen bis zum Bachufer und wird auf jeder Ebene von atemberaubenden Pflanzengesellschaften eingesäumt. Die Farben und Strukturen untermalen das zauberhafte Panorama der von alten Bäumen überschirmten Bachlandschaft. Lauschige Sitzplätze und Liegeflächen laden zum Verweilen ein.

Am Stadtrand von Graz, jedoch versteckt gibt es für Gartenfreunde einen 4000 Quadratmeter großen Wassergarten zu entdecken. Eine Sammlung von 90 verschiedenenen winterharten Seerosen, auch tropische Arten wie Lotos und asiatische Iris, bilden den Schwerpunkt dieses Gartenraumes. Die Gärtnerei und das Parkareal, dessen Wurzeln bis in die 1950er-Jahre reichen, beherbergen auch Baumraritäten wie Sumpfzypressen, Riesenmammutbaum und Eisenholzbaum.

Das Refugium von ORF-Gartenexpertin Angelika Ertl in Feldkirchen bei Graz ist eine Mischung aus Selbstversorgergarten und einem Wald- und Staudengarten, in dem vor 70 Jahren die ersten Bäume gepflanzt wurde. Elemente verschiedener Reisen werden gekonnt in die Gestaltung integriert. Ein asiatisches Tee- und Zeremoniell­haus – das Bale Bengong steht im Zentrum des Gartens und wird gewissermaßen eingerahmt von Pflanzenschönheiten.

Bei Führungen durch den Gemüsegarten erfahren die Besucher Wichtiges über die Lebensgrundlage Humus und ­bekommen Tipps für den eigenen Biogarten. Besonders begehrt: die Wildkräuterkurse von Angelika Ertl.

 

Foto: istock.com/AleksandarNakic

 

Buntes Programm zum Jubiläum

Anlässlich seines heurigen zehnjährigen Bestehens laden die Mitglieder des Vereins Garten-Lust  zu einem großen Fest. Am 3. und 4. Juni 2017 zwischen 10 und 18 Uhr können alle Gärten ohne Voranmeldung besichtigt werden. Es wartet ein buntes Programm mit Gartenfachvorträgen, Kunstschau, Lesungen, regionalen Spezialitäten und heimischer Kulinarik. Obfrau Sissy Sichart legt uns das Jubiläumsfest ausdrücklich ans Herz: „Wann hat man schon die Möglichkeit, an einem Tag so viele fantastische Gärten zu besichtigen?“

Dem kann man nicht widersprechen.

 

 

Kontakt

Verein Garten-Lust
Obfrau Sissy Sichart
Sulamith-Weg 1
8171 St. Kathrein/Offeneg
sissy.sichart gartenlust.at
www.gartenlust.at

 

CLAUDIA PILLER-KORNHERR

 

Beitragsbild: Verein Garten-Lust