Fad ist anderes

Tofu-Fad ist anders. Foto: Unsplash
Die Corona-do-it-yourself-Welle macht auch vor Tofu nicht halt. Am Biohof Chuang wird der Sojakäse allerdings schon seit Jahrzehnten in Bioqualität hergestellt.
Fad ist anders. Fotos: Dieter Brasch

Taiwanesin Chuan Shu-Chen stellt im Südburgenland seit vielen Jahrzehnten Bio-Tofu und in Essig eingelegte Taglilien her. Foto: Dieter Brasch

Im Zuge eines Wellnessaufenthalts in Bad Tatzmannsdorf habe ich ihn das erste Mal bewusst gekostet – Tofu aus Österreich. Veredelt in Form von süßen Tofu-Busserln wurde mir der Käse aus der Milch der Sojabohne zum Espresso serviert. Mit Käse fängt man Mäuse und in diesem Fall auch die Redakteurin. Ich wollte mehr über Tofu abseits gepresster Laberl und geschmacklicher Langeweile erfahren.

Fad ist anders. Foto: Dieter Brasch

Foto: Dieter Brasch

In Rotenturm nahe Oberwart bin ich fündig geworden. Hier hat sich die  Taiwanesin Chuan Shu-Chen als Sojabäuerin der Produktion von Bio-Tofu verschrieben. Es war die Sehnsucht nach Ruhe, die sie von der Großstadt Taiwan in die Wahlheimat ihrer Schwester spülte. Doch auch die Sehnsucht nach der Heimat blieb auf der Zunge kleben. So fing Chuan Shu-Chen erst mal an, in Rotenturm an der Pinka Taglilien zu züchten und sie in Essig einzulegen. Eine Delikatesse in Taiwan und im traditionellen Geschmackskosmos von Herrn und Frau Österreicher mit einem Essiggurkerl zu vergleichen.

Aktuell schmücken die üppigen Taglilien ja viele heimische Gärten – essen tun sie aber wohl die wenigsten ihrer Besitzer. „Am besten schmecken die Blüten, wenn sie noch nicht aufgeblüht sind“, erklärt die Biobäuerin. Tipp: Gefüllt mit süßlichem Sojajoghurt begeistern selbst aufgeblühte Taglilien. Aber zurück zum Tofu: Bei einem Spaziergang im Nachbarsdorf entdeckte Chuan Shu-Chen, die eigentlich gelernte Kosmetikerin ist, ein Feld voll Sojabohnen und machte sich daran, sämtliches Knowhow über die Herstellung von Tofu zu inhalieren. Das war vor  nunmehr zwei Jahrzehnten. Mittlerweile zählt ihr Tofu zu den besten des Landes – mitunter auch, weil er so naturbelassen daherkommt und mit herkömmlichen Namensvettern eben bloß den Namen gemein hat.

„Irgendwann hat jemand gesagt, das ist ein typisch burgenländischer Geschmack.“ Chuan shu-Chen

Ansässige Bauern, die Soja einst nur als Futterquelle für ihr Vieh kannten, haben mit den Jahren die Skepsis gegenüber der Taiwanesin und ihrer Leidenschaft für Bio-Tofu abgelegt. „Sie essen ihn sogar“, lacht die Frohnatur.

Exotisch regional

Fad ist anders. Foto: Dieter Brasch

Foto: Dieter Brasch

Mit einer Sojabohnenmühle aus Taiwan und ihren zwei Händen produziert Chuan Shu-Chen zehn bis zwanzig Kilogramm pro Woche. Den Rohstoff bezieht sie nach wie vor aus ihrem Nachbarsdorf.

Tofu ist alles andere als ein schneller Zeitgenosse. „Langsamkeit ist oberstes Gebot“, mahnt die Expertin. In der Abgeschiedenheit des Südburgenlands muss man sich dazu nicht zwingen. Die Sojabohnen werden also zehn Stunden lang über Nacht in Wasser eingeweicht. Am nächsten Tag werden sie abgegossen, gemahlen und anschließend langsam gekocht. „Mindestens drei bis vier Stunden, sonst klebt alles.“

Der Schaum, der sich oben bildet, wird stetig abgeschöpft. Sind die Sojabohnen weich, werden Wasser und ein spezielles Salz hinzugefügt. Dann wird gerührt, bis die Masse topfig wird. Ist Chuan ShuChen mit der Konsistenz zufrieden, wird ein Drittel der Flüssigkeit wieder abgeschöpft, in eine Form mit Baumwolltüchern gegossen und beschwert. Frischer Tofu erinnert sehr an das, was uns Österreichern als Topfen bekannt ist. Ja, man könnte damit Golatschen backen.

Fad ist anders. Foto: Dieter Brasch

Foto: Dieter Brasch

Geschmack einer Region

„To“ steht allerdings nicht für Topfen, sondern benennt im Japanischen die Bohne; während „fu“ die Gerinnung adressiert. Chuan Shu-Chen räuchert Tofu und bietet ihn zudem eingelegt in einer speziellen Kräutermischung an. An dieser habe sie jahrelang getüftelt, bis sie geschmacklich ihren Vorstellungen entsprach.„Irgendwann hat jemand gesagt, das ist ein typisch burgenländischer Geschmack.“ Ein großes Kompliment für ein exotisches Abbild im regionalen Gefilde Österreichs.

TINA VEIT-FUCHS

Info
Shu-Chen Sojahaus
Meierhof 11
7501 Rotenturm an der Pinka
tel: +43 699 190 101 39