New York schläft manchmal doch

New York schläft manchmal doch: Foto © Shutterstock Alex Cimbal
Von kultigem Frühstück bei Tiffany’s, spektakulären Early-Bird-Ausblicken vom Empire State Building bis hin zu einem unerwartet verwaisten Times Square: ein persönlicher Reisebericht der VIA-Herausgeber.

New York. Die Stadt, die niemals schläft – so sagt man zumindest. Umso überraschender, dass der Times Square – das pulsierende Zentrum des Broadway in Manhattan und Standort der teuersten Werbefläche der Welt – um sieben Uhr morgens ziemlich verlassen erscheint. Zumindest für eine Stadt dieser Größenordnung. Wir würden sagen: Am Grazer Jakominiplatz ist um diese Zeit definitiv mehr los! Egal, beeindruckend wirkt der riesige Platz natürlich trotzdem. Auffallend sind auch die vielen neuen Fußgängerzonen rund um den Times Square – zu verdanken den letzten beiden Bürgermeistern, die merklich auf Nachhaltigkeit im Big Apple geachtet haben.

„Überraschend: Um sieben Uhr morgens ist am Times Square weniger los als am Grazer Jakominiplatz.“

Harald Kopeter VIA-Herausgeber

Wer sich jetzt fragt, warum man bei einem Urlaubstrip um diese Zeit schon auf den Beinen ist: Guten Morgen, Jetlag! Das ungewollt frühe Wachsein hat in einer Stadt wie New York aber auch Vorteile. Zum Beispiel, dass man sich das fantastische Panorama vom Dach des Empire State Building nicht mit Touristenmassen teilen muss (wir waren die ersten). Oben angelangt, hilft ein Guide, sich zwischen all den Tausenden Dächern und Wolkenkratzern zu orientieren. Ein Ausblick, den man vermutlich sein Leben lang nicht mehr vergisst! Genauso wie unsere nächste Station – ein New-York-Klassiker: Frühstück bei Tiffany’s. Im vierten Stock des Tiffany Flagship-Stores in der Fifth Avenue befindet sich das Blue Box Café mit ca. 50 Sitzplätzen, durch und durch in markentypischem Türkis gehalten und mit Blick auf den Central Park. Ganz so einfach bekommt man hier natürlich keinen Platz, es gibt eine lange Warteliste (für die man sich online registriert) und die Frühstücksrochade wechselt alle 75 Minuten. Kostenfaktor fürs Frühstück: natürlich eine Lawine – aber hier geht es ja nicht bloß ums Essen, sondern vielmehr ums Erlebnis (im Moment gibt es renovierungsbedingt übrigens kein Frühstück bei Tiffany’s).

New York schläft manchmal doch

Tortilla-Chips mit Krabben kombiniert mit Blick auf die Freiheitsstatue gibt’s im Oyster House.

Kulinarisch gesehen findet man in NY klarerweise alles aus aller Herren Länder, sofern es qualitativ hochwertig ist, wird’s aber auch schnell kostspielig. Günstiger ist im Vergleich nur die typisch amerikanische Küche, dafür aber auch wenig gesund. Es gibt auch immer wieder New Yorker Lokale, Cafés oder Bäckereien die – sei es im TV oder auf Social Media – total gehypt werden. Was man unschwer an einer langen Menschenschlange vor dem Lokal erkennt. Unsere Erfahrung: oft mehr Schein als Sein.

Empfehlenswert ist in jedem Fall die Kombination aus Essen und Ausblick – zum Beispiel im Oyster House im Financial District. Am Ufer des Hudson River genehmigt man sich hier frische Austern oder knackige Tortilla-Chips mit würzigen Krabben, dazu ein kühles Bier und den Ausblick auf die Freiheitsstatue gegenüber. Wer diese aus nächster Nähe sehen möchte, tappt besser nicht in die Touri-Falle und steht stundenlang für die kostenpflichtige Fähre Schlange, sondern schnappt sich stattdessen eine der GratisFähren Richtung der Wohngegend Staten Island und begutachtet das Wahrzeichen NYs dabei entspannt aus nächster Nähe. Bei der Rückfahrt gibt’s noch mal feinste Skyline-Ausblicke obendrauf.

Selbstverständlich hat man bei einem sechstägigen Trip nach New York nicht einmal annähernd die Gelegenheit, die ganze Stadt zu sehen. Umso mehr ein rund, ich auf die wirklichen Highlights zu konzentrieren. Und ein Glück, dass Manhattan – bekanntester Bezirk des Big Apple, Standort der populärsten Sehenswürdigkeiten und Straßen der City und Standort unseres Hotels – als kleinster Borough (Verwaltungsbezirk) New Yorks recht überschaubar bleibt.

Manhattan trumpft auf

New York schläft manchmal doch: Foto © Shutterstock Prin Adulyatham

Unter dem Namen „reflecting absence” fungieren heute riesige Wasserfall-Pools auf dem Fundament der 2011 ein-gestürzten World-Trade-Center-Zwillingstürme als Gedenkstätte. Foto: shutterstock ©Prin Adulyatham

Was man gesehen haben sollte, ist definitiv Hudson Yards, quasi eine eigene kleine (trotzdem monumentale), von Stararchitekten erschaffene Stadt im restlichen Manhattan – und das größte und teuerste nicht öffentliche Bauvorhaben in der Geschichte der USA.

Als Wahrzeichen fungieren hier einerseits „The Edge“, eine spektakuläre Aussichtsplattform auf 335 Meter Wolkenkratzerhöhe mit Glasboden und das „Hudson Yards Vessel“, New Yorks überdimensionales Treppenhaus. Auf 45 Meter Höhe verteilen sich bienenwabenförmig angelegte, verbundene Treppen (insgesamt 2.500 Stufen). Oben angelangt wird man belohnt – mit Blick über den Hudson River und Jersey. Von hier aus empfiehlt sich ein Spaziergang entlang des Highline Parks, einer aufgelassenen Hochbahntrasse, die im 19. Jahrhundert, der Blütezeit des Meatpacking-Districts (damals das Schlachterviertel), vorrangig dem Viehtransport und später auch als Versorgungsweg für Bäckereien diente. Heute gilt der Meatpacking District als absolutes Hipsterviertel der Stadt. Ein Must-see vor Ort: der Chelsea Market, kulinarisches Sammelsurium an Streetfood, Restaurants und Cafés in einer ehemaligen Keksfabrik (angeblich Geburtsstätte der Oreo-Kekse). Hier kostet man sich quer durch Amerika und die ganze Welt und findet dazu noch allerlei coole Fashion-Shops.

Klassische NY-Hotspots, denen man ebenfalls einen Besuch abstatten sollte, sind die Viertel China Town und Little Italy – geschäftiger Trubel und illegaler Handel mit gefälschter Luxusware inklusive. Und sonst? Obwohl man immer hört, man müsste die Brooklyn Bridge live erleben, hat uns die Manhattan Bridge aus der Ferne besser gefallen, sie ist allerdings nicht für Fußgänger zugelassen.

Von A nach B

New York schläft manchmal doch: Foto Kopeter

Das Oyster House am Pier A liegt im Financial District (FiDi), wo sich Battery Park und Hudson River treffen. Wie der Name schon sagt, kommt hier Seafood auf den Tisch. Vom obersten Stock des 28.000 Quadratmeter großen Hafenhauses aus lässt sich Manhattans Skyline bewundern. Foto: Kopeter

In Sachen Fortbewegung bietet der Big Apple natürlich zig Möglichkeiten. Einerseits die Radverleihstationen – wobei man sich trotz Trubel rundum auf einem Drahtesel vermutlich ziemlich alleine fühlt, denn Radfahrer sucht man in NY wie die Nadel im Heuhaufen. Dann wären da noch die Hop-on-Hop-off-Busse, die war viele Routen abdecken, mit denen man aber ebenso oft elendslang im Stau steht. Cleverstes Fortbewegungsmittel in New York ist ganz klar die U-Bahn – der man geht gleich zu Fuß, was vor allem in Manhattan durchaus funktioniert, zumindest alle Sehenswürdigkeiten erreicht man hier problemlos ohne Blasen an den Füßen.

Unser NY-Fazit: In Sachen Sicherheit haben wir uns genauso sicher gefühlt wie in europäischen Großstädten auch. Was uns allerdings verwundert hat: Die  allgegenwärtige Digitalisierung scheint im ach so modernen Big Apple noch nicht ganz angekommen zu sein. U-Bahn- oder Busticket mit dem Smartphone kaufen? Fehlanzeige. Im Café per App mit Apple Pay bezahlen war auch nur einmal möglich. Auf 15 gelbe Cabs kommt (wenn überhaupt!) ein Uber und in sechs Tagen New York konnten wir gerade mal einen Tesla erblicken. Der Big Apple kocht also auch nur mit Wasser.

HARALD KOPETER