Panierte Kriecher – Schnecken aus dem Vulkanland

Schnecken | Foto: Bernhard Bergmann
Pamela Mayer-Prutsch, Lisa Mayer und Alexander Absenger wurden belächelt und haben sich trotzdem nicht verkrochen. Das Ergebnis ihres Durchhaltevermögens ist eine Schneckenfarm mitten im Vulkanland.
Foto: Bernhard Bergmann

Gefüttert wird auf der Farm in Auersbach rein biologisch.. Foto: Bernhard Bergmann

Im Schneckentempo auf der Überholspur. Langsam strecken die Kriecher ihre Fühler nach dem Frühling aus. Keine Sorge, in dieser Geschichte geht es nicht um die erbärmlichen Reste Ihres zarten Frühlingsgemüses! Das hier ist auch kein Appell für Schneckenkorn.

Ihren Winterschlaf haben die Weinbergschnecken seit September auf der Schneckenfarm von Pamela Mayer-Prutsch, Lisa Mayer und Alexander Absenger geschützt in an der Decke hängenden Säcken verbracht. Nun geht es für die kleinen Kaltblüter wieder raus ins 2.200 Quadratmeter große Freilandgehege. Das Grundstück mitten im Vulkanland hat Mayer-Prutsch von ihrer Großmutter geerbt. Schnell war klar: Für eine Bewirtschaftung mit größeren Tieren ist die Fläche zu klein. Was tun?

„Ich bin seit 25 Jahren in der Fakultätsbibliothek ReSoWi in Graz tätig und habe nach einer zusätzlichen, ausgleichenden Herausforderung gesucht. Meine Lebenspartnerin Lisa ist sehr tieraffin und so kamen wir nach langem Hin und Her zum Entschluss, am Grund meiner Oma Schnecken zu züchten“, schmunzelt Mayer-Prutsch. „Wir haben alles im Probieren entstehen lassen.“ Mit Schnecken die Idee der Langsamkeit entdecken – man kann sich durchaus schlechtere Aufgaben aussuchen. Ihr Vorhaben habe einer Fahrt ins Blaue geglichen, aber Spaß an der Sache hatte das Trio von Anbeginn.

„Schnecken liegen voll im Trend, weil sie eine spannende und gesunde Alternative zu herkömmlichen Fleischprodukten sind.“

Vor genau einem Jahr legte das Paar, unterstützt von seinem Kumpel Alexander ­Absenger, los und sahnte bereits nach wenigen Monaten den steirischen Agrarpreis für innovative Landwirtschaft im Nebenerwerb ab. Ihr Wissen haben sich die drei Freunde bei einem Seminar mit Andreas Gugumuck, der 2008 vor den Toren Wiens Österreichs bislang bekanntestes Schneckenimperium gegründet hat, angeeignet. 70.000 Schnecken weiß man derzeit in Auersbach versorgt, rund 30.000 wurden bislang verarbeitet. Erhältlich ist der Vulkanland Schneck derzeit als Filet im Gemüseweinsud, als Sugo mit dem Beetertrag aus Omas Garten, als Aufstrich im Glas gepaart mit der steirischen Käferbohne sowie als tiefgefrorene und vakuumierte Variante. „Wir sind davon überzeugt, dass die in Vergessenheit geratene Gourmetspeise wieder voll im Trend liegt, denn die Weichtiere sind eine spannende und vor allem gesunde Alternative zu herkömmlichen Fleischprodukten.

Sisyphusarbeit Schneckenernte

Schnecken | Foto: Bernhard Bergmann

Das Dreigespann Pamela Mayer-Prutsch, Lisa Mayer und Alexander Absenger züchtet mitten im Vulkanland Schnecken und setzt damit auf einen zukunftsträchtigen Markt. Foto: Bernhard Bergmann

Zudem hat das Sammeln von Schnecken eine lange Tradition. Wir möchten Altbewährtes wiederaufleben lassen“, sind die Neo-Unternehmer überzeugt. „Geerntet werden die Schnecken im Schlafzustand, weil sie dann einen Deckel gebildet haben, mit dem sie sich verschließen. Schnecken mit Deckel sind bereits entlüftet, das heißt, sie haben einen entleerten Darm und sind gut haltbar.“ Die größte Herausforderung sei, im Gegensatz zur Pflege – der Schneck reguliert sich je nach Witterung selbst – das Verkochen. Nach dem Abschrecken im heißen Wasser muss jeder Schneck einzeln angegriffen werden, Eingeweide und Leber werden entfernt. Übrig bleibt der Fuß des Schnecks, der rund zwei Stunden gekocht werden muss bevor er weiterverarbeitet werden kann. „Künftig werden wir auch Schneckenleber ins Sortiment aufnehmen“, verraten die Nebenerwerbsbauern.

Eine Sisyphusarbeit: Bis man ein kleines Glaserl Schneckenleber beisammenhat, pult man ca. 100 Schnecken aus. Die Leber eines Kriechtiers ist gerade mal fingernagelgroß. „Wer sich geschmacklich an das pure Filet herantraut, der wird sich an eine Mischung aus Schwammerl und Meerestier erinnert fühlen“, so Mayer-Prutsch, die ihre Kriecher selbst entweder gratiniert (mit Knoblauch und Curry) oder, noch lieber, paniert genießt. Angesichts des Burger-Booms in unseren Breitengraden schwebt der Oststeirerin eine Kooperation mit einem regionalen Fleischerbetrieb vor, der gemeinsam mit Vulkanland Schneck ein gschmackiges Burger-Patty entwickelt.

Häuserreicher Bio-Betrieb

Schnecken | Foto: Jimmy Lunghammer

Foto: Jimmy Lunghammer

Die Vulkanland-Schneck-Farm ist ein Bio-Betrieb. „Unsere Schnecken werden unter anderem mit Kürbis, Sonnenblumen, Mangold, Kräutern, Salaten, Wassermelonen, Gurken und Äpfeln aus eigenem Anbau versorgt.“ Man hat nicht vergessen, ganzheitlich zu denken: „Die leeren Schneckenhäuser geben wir an Kindergärten und Floristen zum Basteln und Dekorieren ­weiter. Oder wir zerstampfen sie – ein idealer Dünger“, weiß die gebürtige Gnaserin ­Mayer-Prutsch. Zudem eignen sich die Innereien als Fischfutter und der Schleim der Kriechtiere entpuppt sich als Beauty-Jungbrunnen und Hautschmeichler. Schneckenschleim wird vor allem bei der Behandlung zur Milderung von Falten verwendet. Am Hof von Andreas ­Gugumuck werden bereits Beautybehandlungen angeboten, bei denen irritiertes Hautgewebe repariert und neue Zellschichten aufgebaut werden.

Angeblich hilft der Schneckenschleim sogar bei Verbrennungen ersten Grades und bei der Bekämpfung von Akne als Antibiotikum-Ersatz. Neben der Nachfrage auf dem Gourmetmarkt, rechnet das Trio also berechtigterweise mit einem gesteigerten Bedarf im Gesundheitssektor. Bei Tierversuchen wurde außerdem festgestellt, dass eine Substanz der Weinbergschnecke Lebermetastasen hemmen könnte. „Ich habe gehört, Schnecken sei potenzfördernd“, fügt Mayer-Prutsch hinzu. Das verspricht reichlich Zukunftspotenzial. Aber erstmals will man im Kleinen wachsen. Die Schnecken geben ohnehin das Tempo vor. In diesem Jahr möchte der junge Betrieb beginnen, die bestehende Rasse aus Frankreich, Petit Gris, selbst zu züchten und zu vermehren. Außerdem ist der Bau eines Verkostungsraumes geplant, um künftig auf der Farm Führungen anzubieten und zum jährlichen Hoffest einladen zu können.

Schnecken auf steirische Art
Zutaten:
48 küchenfertige Vulkanland-Schnecken
75 g frische Bauernbutter
150 g mild geräucherter Bauernspeck, klein gewürfelt
2 Zwiebeln, fein gehackt
2 EL Petersilie, fein gehackt
2 altbackene Semmeln, fein gerieben
1 Flasche guter steirischer Schilcher
2–3 Zweiglein frischer Thymian
2 Knoblauchzehen, zerdrückt oder gepresst
Salz und weißer Pfeffer aus der Mühle
Kerbel, gehackt

Zubereitung: Die küchenfertigen Schnecken werden gut abgetropft. In einer höheren Pfanne die Butter zerlassen und die klein gehackte Zwiebel zusammen mit Speck und Petersilie andünsten. Die fein geriebenen altbackenen Semmeln und die Vulkanland-Schnecken dazugeben und alles gut durchrösten.

Schilcher angießen und das Ragout mit Knoblauch, Thymian, etwas Kerbel sowie Salz und Pfeffer kräftig würzen. Gut verkochen lassen, bis die Sauce die gewünschte sämige Konsistenz hat. Nochmals abschmecken und mit Kerbel bestreut auftragen.
Frisches Bauernbrot dazureichen.

Guten Appetit!
Das Vulkanland Schneck Team

TINA VEIT-FUCHS

Info
Vulkanland Schneck
Auersbach 89
8330 Auersbach
Tel. 0664/6558824
office@vulkanlandschneck.at
www.vulkanlandschneck.at

Beitragsfoto: Bernhard Bergmann