Tante Ilse und Onkel Dagobert

Wirtin im Porträt | Ilse Blachfellner-Mohri
Wer in der Steiermark etwas mit Türkentommerl anfangen kann, sollte in St. Michael einkehren. Dort werden Sie auf Ilse treffen. Ilse kann nicht nur kochen.
Ilse Blachfellner-Mohri

Das Ofenbratl gibt es immer
dienstags und sonntags. | Foto: Freilichtmomente

Wäre alles normal und könnten wir, wie wir wollten, bzw. das tun, wovon wir momentan in Pandemiezeiten träumen, dann würden wir am Dorfplatz in St. Michael bereits Ilse Blachfellner-Mohris saftiges Ofenbratl riechen, das stets von warmem Krautsalat und Knödel begleitet wird und – Heissa! – im Gasthof Eberhard Platz nehmen. Doch Gastro-Lockdown bleibt Gastro-Lockdown. Zumindest war dies zu Redaktionsschluss noch gelebte Realität. Ilse lässt sich von so etwas aber so gar nicht die Laune verderben. Ilse wirkt ohnedies standhaft und sympathisch unbeirrbar.

Gasthof Eberhard

Der Gasthof Eberhard in St. Michael ist erstmals 1505 urkundlich erwähnt. Neben traditionsreicher Gastlichkeit bietet Ilse Blachfellner-Mohri auch zwölf Zimmer an. | Foto: Freilichtmomente

Erstmals 1505 erwähnt, diente das einstige Steinhaus am Dorfplatz von St. Michael zunächst als Labestation für Reisende. 1885 übernehmen erstmals Eberhards dieses Haus, die daraus eine Fleischerei und eine Gastwirtschaft machten. Heute rockt Blachfellner-Mohri in vierter Generation Haus und Herd des Gasthofs Eberhard. „Ich bin hier in der Küche des Wirtshauses aufgewachsen. Mit sechs Jahren kochte ich schon Türkentommerl mit Zwetschken für ausgewählte Stammgäste“, lacht die aufgeweckte Gastronomin. Eine offizielle Kochlehre hat sie nie absolviert. Gastfreundschaft liegt ihr im Blut.

 

Wow und wauwau

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Foto: Freilichtmomente

Jahrelang war sie gemeinsam mit ihrem Mann Robert in der Weltgeschichte unterwegs, lebte unter anderem in Florenz, Paris und in der Schweiz. „Seit jeher liebe ich es, Gäste zu bewirten. Unbewusst habe ich mit unzähligen privaten Einladungen quasi das Wirtshausleben in den eigenen vier Wänden inszeniert. Bis mein Mann meinte, wenn ich schon so gerne Wirtin spiele, dann könnten wir auch gleich zurück in die Steiermark gehen und den Gasthof übernehmen“, erzählt die dreifache Mutter. Gesagt, getan. Zurück in der Obersteiermark, frischte Blachfellner-Mohri den Traditionsgasthof erst mal auf. Zwölf kreativ gestaltete immer sind mittlerweile Teil des Betriebskonzepts. „Wir haben vieles recycelt, 200 Jahre alte Betten restauriert und spannende Farbkonzepte gewählt“, erzählt die 50-jährige Wirtin. Neben genussaffinen Wanderern und Radausflüglern will sie künftig auch vermehrt Hundefans in den Bezirk Leoben locken. Linus wird das besonders freuen. Der Vierbeiner ergänzt seit dem ersten Lockdown das Familienleben und ist Ilses liebster Freizeitbegleiter.

Frühstückstisch

Betörender Frühstückstisch im Gasthaus Eberhard – nicht nur Zimmergästen vorbehalten! | Foto: Freilichtmomente

Den Wert der Gastlichkeit unterstreicht die passionierte Köchin mit einer kulinarischen Ausrichtung, die zu einem Traditionshaus wie ihrem gehört: Kalbsrahmgulasch, Blunzen, Sterz, Holstein-Schnitzel, Bauernente im Ganzen oder ihrer eigenen Leibspeise – faschierten Laberln mit Erdäpfelpüree und Paradeisersauce. Wer im Eberhard Platz nimmt, genießt Zutaten von regionalen Produzenten, deren Bestrebungen die Hausherrin als Gründerin der Vereinigung „GenussReich“ auch tatkräftig  unterstützt. „Wir versuchen, alle Zutaten aus der Region zu beziehen. Die Idylle, in der wir leben, ist einzigartig. Unser Selbstwert darf aber ruhig noch wachsen. Im Bedürfnis, miteinander etwas zu tun, kann hier auch touristisch noch viel entstehen“, ist Ilse überzeugt.

 

Neues Bewusstsein

Onkel Dagobert

Wildgeflügelrillette und andere eingerexte Köstlichkeiten sind in Ilses neuem Onlineshop
erhältlich. | Foto: Freilichtmomente

Die Zeit der Lockdowns hat die Hundefreundin fürs Einrexen und den Straßenverkauf genützt. Ein neuer Onlineshop entstand, in dem Delikatessen im Glas wie  etwa „Onkel Dagobert“ (Wildgeflügelrillette), Burgunderfleisch, Kokos-Hendl oder Fischpastete (siehe Rezept) zu finden sind. Außerdem hat die Gastronomin gemeinsam mit ihrem Mann die „KinderGärtnerei“, einen biologischen Lehrgarten auf 5.000 Quadratmetern, installiert. Das Projekt mit Beeren-, Gemüse- und Kräutergarten, Streuobstwiese sowie Hühnern und Schafen soll Klein und Groß Wissen zur biologischen Kreislaufwirtschaft im Garten vermitteln. „Jetzt müssen wir Gastronomen aufzeigen und seitens der Gäste das Bewusstsein schärfen, dass nicht nur gute Produkte, sondern auch unsere Dienstleistung etwas kostet. Nützen wir die Chance, viele Dinge neu bewerten zu können“, appelliert Blachfellner-Mohri.

Grobe Fischpastete

1 Zwiebel, geschält, fein geschnitten
1 Knoblauchzehe, fein gehackt
400 g Fischreste, grob faschiert
2 EL Olivenöl
2 Eier
1 alte Semmel, in Würfel geschnitten
1 Schuss Noilly Prat
etwas Zitrone
Petersilie und Dille, fein gehackt
Salz, Pfeffer

Zubereitung:

Zwiebel kurz anrösten. Alle Zutaten gut vermischen mit Salz und Pfeffer, Noilly Prat und Zitrone abschmecken, in ausgewaschene Gläser füllen, mit dem Löffel nachdrücken und glatt streichen. Mit einem in heißem Wasser sterilisierten Deckel verschließen und im Wasserbad im Rohr bei 120 Grad für 40 Minuten braten. Die Gläser sind kühl gelagert mindestens drei Monate haltbar.Tipp: Diese Restlverwertung eignet sich auch hervorragend als Mitbringsel in der Fastenzeit und schmeckt wunderbar mit einem Salat aus fein geschnittenem Fenchel. Guten Appetit!

 

TINA VEIT-FUCHS