Tee-Genuss – den puren Zauber aus einem Blatt erleben

Tee-Genuss | Foto: Natalia Klenova/shutterstock
Bubble Tea und Chai-Soja-Latte? Nein, danke. An Tee-Puristen perlen all diese Trends ab, denn der wahre Tee-Genuss kommt aus nur einem Blatt: Camellia sinensis verzaubert vielfältig.

In einem Land mit lebendiger Kaffeehauskultur denken manche Menschen beim Wort Tee an Bauchschmerzen und Kamillentee oder an Früchtetee mit Gummibärli­aroma. Die hippe Vollbart-Fraktion bestellt sich einen Chai-Soja-Latte und die „Gsunden“ einen Rooibos Vanille. Aber ist das Tee? Niemals!

Die Autorin bestellte bereits grünen Tee, als man das noch als Pfefferminzaufguss missverstand, und die Liste­ der allgemeingültigen Verirrungen rund um diese eine kostbare und doch schlichte Teepflanze Camellia sinensis wurde mit den Jahren sogar länger statt kürzer. Aber eins nach dem anderen und natürlich jedem das Seine, denn Trends kommen und gehen und Heißgetränke haben in der kalten Jahreszeit in aller Vielfalt und Pracht ihren Platz. Wir wollen uns hier jedoch ganz dem „Tee pur“ zuwenden. Denn dieser einen seit Tausenden Jahren genützten Teepflanze vermag man so derart unterschiedliche Aromen und Genüsse zu entlocken, dass sich Purismus durchaus lohnt.

China – wo der Tee-Genuss begann

Der Ursprung des Getränks aus der zu den Kamelien zählenden Teepflanze ist in China gesichert, obwohl es auch eine Entstehungsgeschichte aus Indien gibt, die von Meditation und Erleuchtung erzählt. Eine Verbindung, die nicht von der Hand zu weisen ist, denn bekanntlich wirkt Tee je nach Zubereitung auf unseren Geist anregend oder auch beruhigend. Wer jemals mit zittrigen Fingern und Herzstolpern Kaffee-getrieben durch den Alltag hastete, weiß den unaufgeregt wachen Geist zu schätzen, den ein kurz gezogener Tee, egal welcher Farbe, hervorruft. Chemisch gesehen handelt es sich bei beidem um den Inhaltsstoff Koffein – im Tee Tein genannt –, aber im Tee ist diese Substanz an die sogenannten Polyphenole ­(sekundäre Pflanzenstoffe) gebunden, weshalb die Anregung langsamer vonstattengeht, dafür aber länger anhält und die Durchblutung im Gehirn vorantreibt.

Doch weg von der Chemie, hin zur Poesie – denn Tee pur sollte keine reine Vernunftentscheidung sein, sondern mit allen Sinnen genossen werden: Beim Eingießen in die Tasse hören wir das Plätschern und genießen die Vorfreude. In der weißen Schale – aus einer solchen sollte Tee optimalerweise getrunken werden – offenbart sich die Farbe, die von blassgelb beim weißen Tee über orange bei grünem Tee bis hin zu dunkelbraun beim Schwarztee schimmern kann. Dann betört das duftende Aroma, das grasig, holzig oder auch würzig ausfallen kann. Beim ersten Schluck schmeicheln sich der Teegeschmack und das jeweilige „Mundgefühl“ ein – auch hier offenbart sich eine Vielfalt sondergleichen. Die geschmackliche und sensorische Bandbreite lässt keine Wünsche offen … Zart-blumig, kraftvoll-würzig, pelzig auf der Zunge, flauschigweich oder glatt im Mund … All das und noch viel mehr kann man erleben, wenn man sich auf die unzähligen Teesorten einlässt, die eine einzige Pflanze hervorbringt. Doch wie können diese großen Unterschiede zustande kommen und wie groß ist die Auswahl bei Tee pur wirklich?

Tee-Genuss | Foto: Sharnen/Shutterstock

Ein Blatt, viele Farben: Sich auf eine Teesorte festzulegen, ist einfach zu schade. Denn von den zarten weißen Nuancen bis hin zu den kräftig dunklen erwartet Tee-Puristen ein faszinierendes Geschmacks- und Genuss-Universum. Foto: Sharnen/Shutterstock

 

Vielfältige Rituale

Die Herstellung beginnt bei allen Sorten gleich: Die Teeblätter werden gewelkt und gerollt, wobei der Zellsaft austritt. Dann beginnt bereits die Oxidation (früher Fermentation genannt), die beim schwarzen Tee abgebrochen wird, sobald die Blätter die gewünschte Farbe und das Aroma erreicht haben. Die kräftige Tasse Schwarztee ist Teil der bekannten britischen Teekultur, die im 17. Jahrhundert entstand. Die Tea Time wird mit Teebrot (Currant bread) und Scones zelebriert. Aber auch die Ostfriesen feiern ihre Teezeit, „Teetied“, als Alltagsritual: Zuerst kommt Kandis in die Tasse, dann kräftiger Schwarztee und zuletzt Obers, der am Rand der Tasse gegen den Uhrzeigersinn (damit die Zeit stehen bleibt) einfließt und hübsche Wölkchen bildet. Getrunken wird, ohne umzurühren – Schicht für Schicht.

Der grüne Tee ist Teil des ältesten Teerituals. Bei der Herstellung darf er nicht oxidieren. Dafür werden die aufgebrochenen Blätter in Japan zum Beispiel mit Heißluft gedämpft. Auf diese Weise bleiben nahezu alle kostbaren Inhaltsstoffe erhalten – von wertvollen Mineralstoffen bis hin zu Vitamin C, A, B2 und B12. Die Geschmacksvielfalt ist riesig und reicht bis zum kräftigen Matcha-Tee, für den das ganze Blatt zu feinem Pulver vermahlen wird, welches mit einem Teebesen kräftig ins Wasser eingerührt wird.

Die aufwendige japanische Teezeremonie wird mit Matcha-Tee vollzogen und hat ihren Ursprung 1.000 n. Chr. Zurück zur Sortenvielfalt: Auch Pu-Erh-Tee aus China wird aus der Tee­pflanze hergestellt. Er gilt als besonders gesund (man sagt ihm nach, cholesterin- und blutdrucksenkend sowie appetitzügelnd zu wirken) und es ist eine Streitfrage, ob er als grüner oder schwarzer Tee einzustufen ist. Grüne Blätter von alten Teebüschen werden dafür geröstet und danach in der Sonne getrocknet. Dann beginnt der Reifungsprozess, der je nach Herstellungsart drei Monate bis fünf Jahre dauert. Durch die Restfeuchtigkeit entstehen Mikroorganismen, die für den außergewöhnlichen Geschmack und das feine Aroma zuständig sind. Auch die Farbe unterscheidet sich von allen anderen Teesorten, sie ist kräftig rotbraun.

Eine Pflanze – viele Aromen

Weißer Tee ist der leichteste und zarteste im Geschmack – zugegeben, wer eine kräftige Tasse schätzt, dem liegt das Wort „fade“ auf der Zunge – und wird aus den von Hand gepflückten jungen, zarten Blättern auf die gleiche Art wie grüner Tee hergestellt. Gelber Tee ist eine Rarität, die selten produziert wird. Er liegt punkto Oxidation zwischen weißem und Oolong-Tee. Letzterer überrascht mit einem mollig-weichen Mundgefühl und fast flauschigem, vollmundigen Geschmack, der einmal mehr in Richtung Grün-, dann wieder mehr nach Schwarztee tendiert. Die Blätter sind halb fermentiert, das heißt, Oolong liegt auch was die Herstellung anbelangt zwischen Schwarz- und Grüntee. Die Vielfalt ist grundsätzlich groß, da er aber leider in unseren Breiten noch nicht so sehr bekannt ist, wie er es verdient hätte, ist das Sortiment sogar in Teehäusern überschaubar.

Es lohnt sich also definitiv, beim Einkauf zu experimentieren und vielleicht sogar eine Tee-Degustation zu besuchen, damit man sich nicht nur ein individuell passendes Lager schaffen, sondern auch gleich in Erfahrung bringen kann, wie die unterschiedlichen Sorten optimal zubereitet werden. Denn hier kann einiges schiefgehen: Wer beispielsweise Grüntee als „bitter“ bezeichnet, wurde wahrscheinlich in einem Café dazu aufgefordert, ihn fünf Minuten ziehen zu lassen (alles schon gehört). Das geht gar nicht! Grüntee braucht maximal zwei Minuten Ziehzeit, bei manchen zarten Sorten aus Japan reicht eine halbe Minute. Schwarztee darf für anregende Wirkung vier bis fünf Minuten ziehen, für die entspannende bis zu zehn Minuten.

Auch die Wassertemperatur ist für den Genuss entscheidend, denn kochendes Wasser, das Schwarztee aufsprudeln soll, löst im grünen Tee die Bitterstoffe, also lautet die Empfehlung für grünen und weißen Tee etwa 70 bis 80 Grad. Nach dem Aufkochen des Wassers also bitte geduldig fünf Minuten warten und erst dann aufgießen! Auch die Teemenge, die man pro Tasse verwenden soll, variiert und interessant ist auch, dass man Grün- und Oolong-Tees mehrmals aufgießen kann (und sollte). Aus diesen Gründen sind der Einkauf und die Beratung im Teefachhandel wirklich anzuraten – dort darf man auch die Nase in die vielen wunderschönen Dosen stecken und nimmt eine große Portion Vorfreude auf die persönliche Tea Time mit nach Hause.

CLAUDIA RIEF-TAUCHER

Tee-Quellen

Omas Teekanne
Teeverkostungen beim Afternoon Tea 1 x monatlich
und für geschlossene Gesellschaften
Nikolaiplatz 1, 8020 Graz
omasteekanne.at/events

Heissenberger Tee-Fachhandel
Tee-Degustationen nach Anmeldung
(ab 5 Personen)
Hauptplatz 6, 8010 Graz
heissenberger.com

Tee-Quelle
Jakoministraße 12, 8010 Graz
tee-aus-aller-welt.business.site

Grazer Teehaus
Griesgasse 3, 8020 Graz

Tee-Paradies
Wagnitzer Straße 16, 8401 Kalsdorf bei Graz
tee-paradies.at

 

Beitragsbild: Natalia Klenova/shutterstock