Traminer – ein vielseitiger Spitzen-Wein mit Steilgang

Traminer | Foto: Oliver Wolf
250 Winzer unter einem Hut und ein Vertikal-Spektrum von Traminer zwischen Honigmelone und Rosenduft. VIA zu Gast bei Erzherzog Johann Weine.

Auf den steilen Hängen erloschener Vulkane stehen sie. Die Traminer-Rebstöcke in Klöch wurzeln in reichhaltigen Böden aus rötlicher Erde und mineralreichem Basaltgestein. Die Gewächse haben sich aus der Kreuzung von Wildreben entwickelt, anschließend weltweit verbreitet und durch den regen Weinhandel von der Südtiroler Ortschaft Tramin ausgehend ihren Namen erhalten.

Wilkommen in der Weinkathedrale

Traminer | Foto: Oliver Wolf

Alle neune: Alfred Stelzl, Sieghard Kugel,
Harald Kopeter (VIA), Stefan Pommer, Peter Stelzl, Christian Kugel, Matthias Vormeier, Anton Gumpl und Andreas Muster (v. l.). Foto: Oliver Wolf

„Flächenmäßig ist Traminer eine Randerscheinung, aber besonders bekannt und beliebt ist Traminer ohnehin aus dem Vulkanland Steiermark“, leitet Peter Stelzl, Geschäftsführer von Erzherzog Johann Weine, die exklusive VIA-Verkostung einer Traminerauswahl aus Klöch von 1990 bis ins aktuell im Verkauf erhältliche Jahr 2018 ein.

Jahrgang 2017 macht in der Weinkathedrale, einem separaten Verkostungsraum bei Erzherzog Johann Weine in Ehrenhausen, als klassischer Einstieg den Anfang und kaum ist der erste Flight ausgeschenkt, beginnt die Runde, konzentriert über ihren Kostnotizen die Weine am Gaumen zu rollen.

Sieghard Kugel, Kellermeister des Hauses seit 1988, erkennt im 2017er eine gute Balance und genügend Volumen am Gaumen. Zum Vergleich stehen die Jahre 2016 und 2015 parat, die sich recht unterschiedlich präsentieren. „Der 2015er ist wirklich betörend“, wirft Christian Kugel vom gleichnamigen Weinhof in Straß ein. „Das war ein warmes Jahr, dadurch schiebt der Wein im Glas sehr an. 2016 ist hingegen fast schon knackig-kühl“, so der Winzer.

Das gewisse Etwas

Der Basalt in Klöch, auf dem die Rebstöcke wachsen, verspricht über alle Flights hinweg Tiefgang, der eine vermeintliche Üppigkeit von Traminer im Schach zu halten weiß. Den Spannungsbogen zwischen straighten Gewürzweinen und hochwertigen Prädikaten setzt sich mit den Jahrgängen 2013, 2012, 2001 und 2008 fort. Die Textur und würzige Straffheit von 2013 schmeckt Anton Gumpl, Direktor der Fachschule Silberberg.

Typische Aromen, Kraft, Eleganz und Vielschichtigkeit erkennt er vor allem im Klöcher Traminer 2012. Die gelbgoldene Bombe im Glas: 2008! „Wow, der strahlt Wärme aus. Voll Dörrobst- und Röstaromen“, schwärmt Gumpl. „Eine echte Überraschung“, raunt es durch den Raum. „Ich habe mir sofort notiert, dringend nachzuschauen, wo genau der Wein liegt und wie viel wir davon haben“, schmunzelt Matthias Vormeier, Qualitätsmanager der Winzervereinigung Erzherzog Johann Weine.

Traminer | Fotos: Oliver Wolf

Fotos: Oliver Wolf

Haben wir hier etwa ein Musterbeispiel für Traminer vor uns? „Es ist in jedem Fall ein sehr dichter, ausgereifter Wein. Der Restzucker stützt gut im Glas und verbindet sich harmonisch mit der Gesamtstruktur“, erklärt Weinbauer Alfred Stelzl, der auf seinem Hof explizit auf künstliche Aromatisierung wie Tanninpulver verzichtet und keine Fraktionierung seiner Weine, sprich das Zerlegen des Weines in seine Einzelbestandteile, vornimmt.

Dem Wein seine Zeit geben

Andreas Muster, der mit seiner Frau Michaela das Ratscher Landhaus führt, streut allerdings auch dem Jahrgang 2012 Rosen. „Der Jahrgang wird oft unterschätzt, weil er auf leisen Sohlen daherkommt. Man muss ihm Zeit geben“, schwenkt er wissend sein Glas und verkostet nach.

Zeit und Beständigkeit spielen bei Erzherzog Johann Weine, der einzigen Winzervereinigung in der Steiermark, seit 1916 wesentliche Rollen. „Mit 250 Traubenpartnern aus allen steirischen Weinanbaugebieten und einer gemeinsam bewirtschafteten Fläche von rund 180 Hektar Weingärten zählen wir sicherlich zu den bedeutendsten Betrieben des Landes“, ist Peter Stelzl überzeugt.

„Unter dem Spannungsbogen von Tradition und Moderne vereint Erzherzog Johann Weine Lebenslust und Weinkultur unter einem Hut. Unsere Betriebsphilosophie zielt immer mehr auf die Langlebigkeit der Weine ab. Ein Weg, auf dem du langfristig wirkliche vinophile Waffen in der Hand hast, die schlichtweg begeistern“, bescheinigt der Geschäftsführer des Austragungsortes.

„… nicht zu viel Schwenken, sondern sofort austrinken“

Flight drei. Hello, Yellow Submarine! Schon beim Einschenken erinnern die Premium-Selektionen 2001 und 2002 optisch an Bernstein. Saftig, honiglastig, vor allem der 2002er macht schnell Lust auf mehr, obwohl die Restsüße wie ein Auktionshammer auf den Gaumen schlägt.

Wir sind bereit für die reifen Konsorten. Kletzenbrot im lieblichen Klöcher Gewürztraminer 2002. Und dann die Neunziger. „1994 Klöcher Traminer Kabinett erinnert in der Nase stark an Feuerstein aus dem Vulkanland. Dennoch ist er relativ schlank“, meint Stefan Pommer, Vertriebsleiter bei Erzherzog Johann Weine.

Weiter zum ältesten Wein der Vertikale. Christian Kugel sieht im Jahrgang 1990 Mostbirnenreife und klare Altersfinesse. „Wenn der Wein zu viel Luft bekommt, sauft er ab. Deshalb am besten nicht zu viel Schwenken, sondern sofort austrinken“, schmunzelt Winzer Stelzl. „Dennoch: Der Wein ist 30 Jahre alt und lacht uns alle aus“, notiert sein Namensvetter begeistert.

Es wird trocken

Der fünfte Flight schickt den Youngster 2018 ins Rennen, trocken ausgebaut und gerade erst auf den Markt gekommen. Er darf sich in dieser Verkostung mit den Jahrgängen 2007 und 2012 messen. Die Ergebnisse: breit und cremig der 2012er-Bilderbuch-Traminer, komplex und weicher hingegen 2007.

Eine positiv schockierende Duftbombe mit Druck und Länge will die Expertenrunde im aktuellsten Jahrgang erkennen. „Ein beeindruckendes Bukett mit Banane-Maracuja-Parfum und leichtem Holz“, juchzt Pommer. „Wir haben erkannt, dass der Trend weg vom dauersüßen Traminer hin zum trockeneren Ausbau geht.

Erstmals sind wir diesen Weg mit dem Jahrgang 2018 gegangen“, lächelt der Hausherr gewinnend. Den Abschluss versüßen uns im wahrsten Sinn des Wortes die Prädikate TBA 2006, Auslese 2006 und Eiswein 2005. Traminer, so groß mit Hut.

TINA VEIT-FUCHS

Beitragsbild: Oliver Wolf