Und ewig lockt Valletta

Verwinkelte Gassen, eine Kulturexplosion auf engstem Raum und das unverwechselbare Gemüt der Vallettianer. Die europäische Kulturhauptstadt 2018 hat Charakter.

Beim Streifzug durch Vallettas steile Straßen, die von bunten Holzbalkonen und barocken Palazzi gesäumt sind, fühlt man sich in eine andere Zeit versetzt. Die Hauptstadt Maltas wurde ab 1566 von den Malteserrittern errichtet und gleicht in ihrer Gesamtheit einem Bollwerk. Auf dem Reißbrett geplant und als Festungsstadt erbaut, mit dem einzigen Ziel, die Türken abzuwehren, ist Valletta ringsum von gewaltigen Schutzmauern umgeben. Auf der Landzunge Monte Sciberras thronend, wird die Stadt von den zwei gewaltigsten Naturhäfen des Mittelmeers eingerahmt – Grand Harbour und Marsamxett. Ein Detail am Rande: Seit ihrer Errichtung wurde Valletta nie mehr gewaltsam eingenommen.

Foto: istock/Andrey Danilovich

Die kleinste Hauptstadt der EU mit gut 6.500 Einwohnern ist als Ganzes UNESCO-Weltkulturerbe, mutet Valletta doch wie ein einziges, großes Freilichtmuseum an. Sämtliche Sehenswürdigkeiten sind im Stadtgebiet auf kleinstem Raum komprimiert und fußläufig erreichbar. Zum Entdecken und Genießen braucht es aber sicher mehr als einen Tag. Das Kulturprogramm ist jedes Jahr reichhaltig.

Straßenfeger wie das Valletta International Baroque Festival, das Malta International Fireworks Festival, das Malta Jazz Festival, Isle of MTV oder die Kulturnacht „Notte Bianca“ – um nur einige zu nennen – locken die Massen an. Zu Recht wurde Valletta für das Jahr 2018 gemeinsam mit der niederländischen Stadt Leeuwarden zur Europäischen Kulturhauptstadt ernannt.

Bereits jetzt laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren, Künstler werden gecastet, Infrastrukturprojekte umgesetzt. Immer im Fokus: die Stadt und ihre vergessenen architektonischen Schätze aufzumotzen, ohne an historischem Charme einzubüßen. Ein Vorhaben, das zu gelingen scheint.

So entsteht im ehemaligen Schlachthof „il-Biccerija“ das „Valletta Design Cluster“, ein Zentrum für Design, Kreativität und Innovation. Auch die „Strait Street“, die ehemalige Rotlichtmeile Vallettas, bekommt ein neues Make-up, soll langfristig ein Knotenpunkt für Unterhaltung und Kultur werden. In „Is-Suq“, der alten Markthalle der Hauptstadt, werden künftig neben Obst und Gemüse auch kulturelle Aktivitäten kredenzt.

Ebenfalls wichtig: Das neue Nationale Kunstmuseum MUZA zieht in größere Räumlichkeiten um und wird interaktiv gestaltet.
Die Vallettianer haben sich ihr Konzept gut überlegt: Das Programm baut 2018 auf den vier großen Themen Generationen, Strecken, Städte und Inseln auf, die in verschiedenen Festivals, Ausstellungen, Konzerten und Events aufgegriffen werden. Musik, Film, Tanz oder Theater sind nur einige der vielen Medien, die das reiche Erbe Vallettas künstlerisch transportieren.

„Das Lebensgefühl in Valletta ist sehr reizvoll: Wir leben in einer Festungsstadt mit unglaublichem
Blick aufs Meer von überall aus. Außerdem kennt hier jeder jeden.“

Andrew Alamango, Musiker der maltesischen Folkband „Etnika“

Auch Hollywood liebt Valletta

Valletta ist überhaupt ein guter Boden für Filme. Manch bekannten Hollywood-Regisseur hat es schon mit seiner Crew in die maltesische Hauptstadt verschlagen. Brad Pitt stand für Troja vor der Kamera, Russell Crowe mimte den Gladiator, Gérard Depardieu schlüpfte vor den altehrwürdigen Fassaden in die Rolle des Grafen von Monte Cristo, Sean Connery in die des James Bond und Tom Hanks jagte im Da Vinci Code auf Spurensuche durch die verwinkelten Gassen. Film ab!

Echt charmant, die Malteser

Foto: istock/Mlenny

Stolz sind die Vallettianer nicht nur auf ihre pittoreske Stadt, die ohnehin eine einzige Sehenswürdigkeit ist, und die zahlreichen kulturellen Veranstaltungen. Wesentlicher Teil der kulturellen Identität ist Malti, neben Englisch die zweite offizielle Sprache der Insel, die stark ans Arabische angelehnt ist und für den außenstehenden Zuhörer eigentlich ziemlich unverständlich ist. So oder so sind die Vallettianer allgemein ziemlich charmant und hilfsbereit.

Und: Sie haben niemals Stress. Wirklich niemals. Dafür aber einen ziemlich abenteuerlichen Fahrstil. Eigentlich findet man kaum ein Auto, das keine Beule hat. Mitten auf der Straße stehen bleiben und aussteigen, um einem startenden Flugzeug zuzusehen? Kein Problem. Übrigens auch für die dahinter kommenden Autos nicht.
Malteser leben gelassen und ziemlich bunt – das sieht man auch an den typischen Booten der Insel, den „Luzzi“. Mit farbenfrohen Streifen bemalt, lassen die Fahrer sie nur zu Wasser, wenn sie auch die beiden Augen des Totengottes Osiris am Bug tragen. Eine 2.800 Jahre alte phönizische Tradition, die das Böse fernhalten soll.

Foto: istock/Markcornish99

Ebenso farbenfroh wie die Boote sind auch die alten maltesischen Busse. In Rot, Orange und Weiß bemalt, zieren wahre Kaskaden von Heiligenbildern und Familienfotos das Fahrerhaus. Malteser sind streng religiös, auf der Insel gibt es so viele Kirchen, wie das Jahr Tage hat – 365, für jeden Tag eine. Wer glaubt, eine Taste zu drücken, um an der nächsten Haltestelle auszusteigen, liegt falsch. Eine unter der Decke gespannte Schnur lässt die Glocke vorne beim Fahrer läuten.

Zeit sollte man sich in Valletta nicht nur für das reichliche Kulturangebot, sondern auch zum zwanglosen Entdecken der Stadt nehmen: Verlieren Sie sich beim Aussteigen in einer der verwinkelten, historischen Gassen Vallettas oder bestellen Sie in einem der gemütlichen Straßencafés auf dem Republic Square die maltesische Spezialität „Hobz bis zejt“, eine dicke Scheibe knuspriges Brot, angemacht mit Olivenöl, Tomatenpaste, Kapern, Oliven und Knoblauch. Der beste Ausblick auf Valletta offenbart sich von Hastings Garden aus, der auf den oberen Bastionen der Hauptstadt gelegen ist. Flanieren lässt es sich herrlich auf der Republic Street, der wohl prachtvollsten und lebendigsten Straße der gesamten Insel. Zahlreiche Sehenswürdigkeiten wie der Großmeisterpalast erwarten Besucher mit offenen Toren, während jede Menge Stores zum Einkaufen einladen.

Foto: istock/ KavalenkavaVolha

Sollten Sie jetzt auf den Geschmack gekommen sein, dann wünschen wir schon einmal Il-vjagg it-tajjeb! – Gute Reise!

 

 ELISABETH KRANABETTER

 

Tipps

Kombinierte ­Eintrittskarten
Kostensparende „Multiple Tickets” für Museen und andere Sehenswürdigkeiten bietet Heritage Malta an.
www.heritagemalta.org/visiting

Valletta vom Wasser aus
Mit der Fähre oder dem Wassertaxi auf den Wellen des Grand Harbours oder dem Marsamxett Hafen herumdüsen und einen anderen Blick auf die Hauptstadt Maltas erhaschen.
www.maltesewatertaxis.com
www.vallettaferryservices.com

 

Beitragsbild: istock/ Freeartist