Wein-Land in Sicht

Seit einigen Jahren färbt sich ein weißer Fleck auf der vinophilen Landkarte Österreichs rot und weiß – in den verschiedensten Facetten. Kärnten sprudelt, und das sollte man als Weinfreund nicht verpassen.

In Bachlers Weinkeller ist schon vieles passiert. Man weiß es nicht – ist es der viele Wein, den Ingrid Bachler in Jahrzehnten als Top-Sommelière zusammengetragen hat, der einen hier umgibt, die freundliche und herzliche Art der Gastgeber Ingrid und Gottfried oder das Gefühl im Restaurant Bachler in Althofen irgendwie zu Hause zu sein. Vielleicht alles zusammen. Jedenfalls hat dieser Keller schon so manchem einige Geheimnisse entlockt.

An diesem Morgen sitzen wir hier zusammen, um mit dem Kärntner Wein auf Tuchfühlung zu gehen. Ein Exot in der österreichischen Weinwelt, der seit einiger Zeit von sich reden macht. „Das Klima und auch der Boden hier bei uns in Mittelkärnten sind nahezu perfekt für den Weinbau“, ist sich Ingrid Bachler sicher.

Dabei ist der gemeinsame Tenor eindeutig: Die Kärntner Winzer wollen Kärntner Wein machen. Wein, der ihre Region widerspiegelt und kein Abklatsch von steirischen Sauvignon blancs oder Ähnlichem ist. Und das sind die Weine auch nicht. Keiner von ihnen.

Den Anfang von fünf Winzern, die hier im Weinkeller des Restaurants ein Exempel für den Kärntner Wein statuieren, macht Andrea Riedel vom Weingut Taggenbrunn. Bereits in den 90er-Jahren baute das Unternehmerpaar rund um die Burg Taggenbrunn Wein an. Heute sind es bereits 70 Hektar Sauvignon blanc, Chardonnay, Muskateller, Zweigelt und Pinot noir, die das Paar bewirtschaftet. Andrea Riedel: „Irgendwann waren wir an dem Punkt angelangt, an dem wir uns entscheiden mussten – betreiben wir das als Hobby weiter oder gehen wir es professionell an.“

Zum Glück fiel die Entscheidung für Zweiteres und so ist das Weingut Taggenbrunn heute wichtige Säule im Unternehmen der beiden: Jacques Lemans. Taste of Time steht passenderweise auf den Flaschen und auch dass ein Jacques Paagnier in unseren Gläsern sprudelt, macht somit Sinn.

Und schmeckt. Feine Perlage, rote Früchte, ein Touch Zitrus. Fein. Der nächste im Winzer-Bunde ist Nikolaus Trippel vom Weingut Trippelgut. 2010 hat er mit dem Weinbau begonnen, nachdem Niko sich im Ausland und als Mitarbeiter auf österreichischen Weingütern die Sporen verdient hatte.

urück in der Heimat war klar: Ein Weingarten muss her. Abgesehen vom Wein-Gut kann man am Trippelgut auch noch herrlich nächtigen, feiern und tagen. Gerade bei Hochzeiten sei der Muskateller sehr beliebt. Obwohl das Trippelgut mit seinen 7,5 Hektar Anbaufläche wohl mit Piwi-Sorten und Co. die breiteste Palette an verschiedenen Rebsorten in Kärnten anbietet.

 

Lustige Weinrunde in Mittelkärnten: Sem Kegley, Nikolaus Trippel, Gastronom Gottfried Bachler, Uta Slamanig, Andrea Riedel (untere Reihe, v. li. n. re.) und Georg Lexer mit Alexandra Candussi, Gastronomin Ingrid Bachler und VIA-Herausgeber Harald Kopeter. (obere Reihe, v. re. n. li.)

In der Frizzante-Version ist der Muskateller das einzige nicht-trockene Zugeständnis des Winzers, der eigentlich nur trockene Weine liebt. Der Muskateller Kreuzfeld, trocken, zeigt auch, warum das bei Niko so ist: Pfefferminze, Holler und Pfeffer in der Nase, würzig und salzig am Gaumen. Trocken und straff. Kein Schmeichler, sondern ein Charakterwein.

Uta Slamanig repräsentiert das Weingut Georgium, in dem sie und Winzer Marcus Gruze auf drei Hektar am Längsee ausschließlich Burgunderrebsorten anbauen. Und dann so unverfälscht wie möglich – also meist ungeschwefelt und unfiltriert – abfüllen. Ihr Chardonnay M 2012 lag 21 Tage auf der Maische und kommt daher mit ordentlich Körper daher. Trotzdem ein filigraner, eleganter Wein, der mit Teearomen und samtiger Textur veführt.

Dazu der Pinot noir des Weinguts: lebendige Säure und ewiger Abgang. Die perfekte Begleitung zum Ragout von Hirsch und Gams mit Semmelstoppelpilz- und Eierschwammerl-Ravioli, mit dem Gottfried gerade um die Ecke gebogen kommt. Ja, in Mittelkärnten wird Gastfreundschaft gelebt. Das geht bis zum Ragout im Weinkeller und dem Öffnen der Türen am Ruhetag, um die Verkostung in Ruhe durchzuführen.

Alexandra Candussis Sauvignon blanc 2015 vom Weingut Vinum Virunum weckt die Gaumen nach Gulasch und Co. wieder auf. Drei Hektar bewirtschaften die Quereinsteiger – in der Runde ist Nikolaus Trippel der einzig gelernte Winzer, wie wir später feststellen – mit zwei Drittel Weißwein wie Chardonnay, Sauvignon und Traminer sowie mit einem Drittel Zweigelt, Blaufränkisch, Merlot und Pinot noir. Ihr Cuvée 2014 aus Zweigelt, Blaufränkisch und Merlot punktet zu einem späteren Zeitpunkt mit Fülle und purer Frucht.

Doch davor kommen noch zwei Sauvignon blancs, Jahrgang 2014 und 2013. Von zweien, die es genau wissen wollen und im Trial-and-Error- Verfahren 6,5 Hektar Reben im Klagenfurter Stadtgebiet bewirtschaften. Sem Kegley und Georg Lexer vom Weingut Karnberg. Neben Chardonnay, Pinot Grigio, Sauvignon blanc, Zweigelt und Pinot Noir destilliert das Duo aus Musikwissenschaftler Sem und studiertem Wirtschaftsinformatiker Georg auch Tresterbrand, der zwei Jahre im Glasballon reift.

Die Kärntner Winzer wollen mit ihren Weinen vor allem eines: ihre Region im Wein widerspiegeln. Und das gelingt vom Sauvignon blanc bis hin zum Pinot noir.

„Zu Anbeginn haben wir auch unsere Weine im Glasballon ausgebaut. Bis wir keine Damigiana, wie sie in Italien üblich sind, mehr bekommen konnten. Da sind wir dann doch auf Fässer umgestiegen“, lacht Georg Lexer. Die Weine, Abbilder der Jahrgänge, lebendig und ausdrucksstark.

Der Sauvignon 2014 straff, grün-grasig, wie das Jahr war. 2013 kommt mit reifer gelber Frucht und voluminöserem Körper daher. Aktuell in der Trial-Error-Schleife des rastlosen Duos: Schweine, die am Kastanienhang schmausen, und Eigenproduktion von Rosinen. Schließlich läuft das Cider-Geschäft in
Zusammenarbeit mit Niko Trippel schon lange auf Schiene.

Ein Wein vom Trippelgut markiert auch den fulminanten Abschluss der Verkostung: Merlot 2014. Röstige Noten, Kakao und Kaffee mit dunklen Beeren. Gottfried Bachler packt noch ein paar feine Vertreter aus seiner Käse-Schatzkammer auf die Teller und mit einer Beerenauslese 2010 vom Weingut Karnburg gehen wir in die Verlängerung. Ingrid Bachler: „Ich kann mich noch so gut erinnern, wie Sem über diesen Wein gesagt hat: ‚Diese Scheiß-Botrytis ist gekommen. Dann machen wir eben Süßwein.‘“

Ein Sinnspruch für die Mittelkärntner Winzer, die sich weder ein Blatt vor den Mund nehmen noch zögern, neue Ansichten gelten zu lassen. Sie erkennen ihre Region und passen sich den Gegebenheiten an. Und das schmeckt man.

 

NINA WESSELY

 

 

 

Weingüter

Weingut Taggenbrunn
Taggenbrunn 11
9300 St. Veit an der Glan

www.taggenbrunn.at

Trippelgut
Hubertusweg 4

9560 Feldkirchen
www.trippelgut.at

Weingut Georgium
Längseestraße 9
9313 St. Georgen
www.georgium.at

Vinum Virunum
Altglandorf 23,
9300 St. Veit/Glan
www.vinumvirunum.at

Weingut Karnburg
Leiten 6, 9063 Klagenfurt
www.weingut-karnburg.eu

 

 

Gastgeber

Restaurant Bachler
Silberegger Straße 1
9330 Althofen
www.bachler.co.at

Fotos: Jimmy Lunghammer