Zu Gast beim Sulmtaler Kaiserhuhn – Wer weckt den Hahn?

Sulmtaler Kaiserhuhn | Foto: Tina Veit-Fuchs
Das Sulmtaler Kaiserhuhn zählt zu den spannendsten Rassen des Alpenraums. Familie Strohmaier hat ein in Österreich einzigartiges Zuchtkonzept. Ein Besuch.
Sulmtaler Kaiserhuhn | Foto: Tina Veit-Fuchs

Burli, der Hahn. Kapaun essen die Strohmaiers selbst nur zum Geburtstag und zu Weihnachten. Foto: Tina Veit-Fuchs

Genuss ist eine Frage der Haltung und die wird unmittelbar offensichtlich, wenn man mit Gertrude Strohmaier und ihrem Sohn Christian ins Geflügelfreilandgehege geht. „Burli, Buuuurli!“, ruft die Bäuerin bereits beim Durchqueren des Hofs in Fatsch bei St. Andrä im Sausal und meint damit keinesfalls ihren erwachsenen Filius, der den Betrieb seines Urgroßvaters mittlerweile führt.

Burli ist ein fescher Kerl. Er kräht zur Begrüßung mit stolzgeschwellter Brust. Heiser ist er schon mal nicht. Im benachbarten Stall mit Freiluft-Wintergarten tummelt sich der noch stimmlose Nachwuchs. Sieben Wochen alte Hähne, die bei Familie Strohmaier zu Naturkräuterkapaunen heranwachsen. Ein Zuchtkonzept, das in Österreich einzigartig ist.

Fast-vergessene Delikatesse

Sulmtaler Kaiserhuhn | Foto: Tina Veit-Fuchs

Gertrude, Christian und Franz Strohmaier (v. l.) vor ihrem Haus im Sausal. Foto: Tina Veit-Fuchs

Die Geschichte der Hühner ist seit jeher eng mit der Geschichte der Menschen verknüpft: Das Federvieh diente als Nahrungslieferant, für Hahnenkämpfe, wurde in der Medizin, Magie und als Opfertier eingesetzt. Sulmtaler Geflügel hat noch mehr drauf. „Im 19. Jahrhundert galten die Sulmtaler an den Königs- und Kaiserhäusern in Wien und Frankreich als besondere Spezialität. Auch Kaiser Franz Joseph und Kaiserin Elisabeth sollen das Fleisch kastrierter Hähne sehr geschätzt haben. Nach dem Krieg wurden die genetischen Bestände der Rasse beinahe ausgerottet und ihr Geschmack geriet fast in Vergessenheit“, schildert Christian Strohmaier.

Heute wird der Kapaun wieder als Delikatesse gehandelt und dabei spielt Hühnerbäuerin und Kapaun-Expertin Gertrude Strohmaier eine entscheidende Rolle. Ihr ist es gelungen, allein durch das von ihr und Geflügelspezialist und Tierarzt Dr. Heinz Strahl entwickelte Kräuterbeifutter eine Kastration von Junghähnen überflüssig zu machen, um so ihre Hunderten Sulmtaler Kapaune von Frühling bis Spätherbst mästen zu können. Der Hintergrund: Nach dem Tierschutzgesetz ist die Kapaunisierung in Österreich verboten. Dass diese aber notwendig ist, wenn die Hähne mit etwa drei Monaten geschlechtsreif und damit aggressiv und rabiat werden, ist sonnenklar, wenn man schon einmal beobachtender Teil des terroristischen Schauspiels zwischen zwei oder mehreren Hähnen war. „Hähne sind eine eigene Wissenschaft. Sie können sich ohneweiters gegenseitig umbringen“, erklärt die Südsteirerin.

Kräuter-Chill-out

Strohmaiers „Naturkapaunisierung“ erfolgt durch spezielle Kräuter, die die Landwirte ausschließlich auf den Wiesen und Weiden des Sausals sammeln, selbst trocknen und zu speziellen Strohbündeln verarbeiten.

„Bei einer Kräuterwanderung habe ich mit Dr. Strahl die Idee geboren, die Hähne mit Naturmitteln zu harmonisieren. Wir haben lange an dem Konzept gefeilt. Nun hängen in den Gehegen der Hähne diese Bündel, auf die sie nach Belieben zugehen und die sie ruhiger machen“, führt Strohmaier aus. Die Kräutermischung mit u. a. Rotklee und Mönchspfeffer verfehlt ihre Wirkung nicht: Die Hähne werden sanft und fett.

350 Naturkräuterkapaune wachsen jährlich am Hof heran. 28 bis 31 Wochen lang bekommen die Tiere Presskuchen vom Kürbiskernöl, Mais, Sonnenblumenkerne und Ähnliches zu fressen – Würmer und Insekten holen sie sich auf den weitläufigen Wiesen der insgesamt 14 Hektar großen Landwirtschaft. Dafür haben sie Zeit. Sie leben schließlich länger als herkömmliche Rassen.

„Die Sulmtaler wachsen langsamer. Statt der handelsüblichen vier bis sechs Wochen brauchen unsere Tiere bis zu 31 Wochen, um etwa zwei Kilo Schlachtgewicht zu erzielen“, konstatiert Franz Strohmaier, auf dessen Großvater der Hof in Fantsch zurückgeht. All das ist ökonomisch kein leichtes Unterfangen. „Sieben Monate können eine lange Zeit sein“, gesteht die Familie, „aber wir wollen selbst was Gutes essen und geben deshalb auch nur Gutes weiter.“

Spitzengastronomen wie Heinz Reitbauer („Steirereck“), Toni Mörwald („Zur Traube“) und Thomas Riederer, der nur wenige Meter Luflinie vom Hof der Strohmaiers entfernt sein 3-Hauben-Restaurant „T.O.M.R“ betreibt, sind zu namhaften Abnehmern geworden. Sie feiern die Sulmtaler Henne als schmackhaften Braten oder als legendäres Backhendl am Pogusch, sie füllen Kaupaunhälse, verkochen und panieren Hahnenkämme.

„Vom Kamm bis zum Haxl ist alles verwertbar. Und Sie werden nicht glauben, welch großartiges Suppenhendl ein alter Kapaun hermacht“, so Strohmaier. Neben dem Sulmtaler Kaiserhuhn, das sich optisch durch seine kräftige Statur und einen kleinen Schopf plus Wickelkamm auszeichnet, um 23 (Henne) und 30 (Kapaun) Euro pro Kilo bietet die Familie auch Bruteier, Freilandeier, Küken, reines Kürbiskernöl und, was die wenigsten wissen, Karpfen zum Verkauf an.

„Hühnerhalten ist das neue Imkern“, sind sich auch die Autorinnen Gabriele Halper und Irena Rosc einig. In ihrem neuen Buch „Alles Huhn“ rollen sie getreu dem Trend der Heimgartenhühner dem Federvieh den roten Teppich aus. „Wenn ich Sorgen habe, gehe ich zu den Hühnern. Zeit mit ihnen zu verbringen, ist für mich Psychohygiene“, gesteht auch Gertrude Strohmaier.

Also doch: erst Henne, dann Ei.

TINA VEIT-FUCHS

Ei like

Pochiertes oder wachsweiches Ei, Spiegelei, Rührei, Omelett oder doch lieber ein Egg Benedict? Die Vielfalt der Eiergerichte ist so facettenreich wie die Art der Eier, die in der Steiermark erhältlich sind. Eine kleine Auswahl.

Wachteleier: Familie Kopp
Erlenstraße 57, 8074 Grambach
Tel. 0664/133 34 62

Pfaueneier: Thomas Pichler
Kühwiesen-Weg 37a, 8181 St. Ruprecht
Tel. 0664/420 99 16

Enteneier: Familie Tappauf
Hirsdorf 2, 8342 Gnas
Tel. 0664/765 59 63

Perlhuhneier: Familie Kerschbaumer
Reith bzw. Grabner-Moik-Weg 30
8311 Markt Hartmannsdorf
Tel. 0699/812 46 13

Sulmtaler Eier: Familie Strohmaier
Fantsch 17, 8444 St. Andrä im Sausal
Tel. 0664/431 46 86

 

BuchtippSulmtaler Kaiserhuhn

Gabriele Halper und Irena Rosc
Alles Huhn

In diesem Buch haben Henne und Ei ihren großen Auftritt. Die Autorinnen liefern eine feine Hommage an die Vielseitigkeit des Federviehs und seine Bedeutung in unserer Kulturlandschaft. Inklusive 60 Rezepten von griechischer Hühnersuppe bis Gewürzeier.

www.loewenzahn.at

 

Beitragsbild: Tina Veit-Fuchs