MARRAKESCH: Die Düfte einer Königsstadt

Marrakesch ist nicht die Hauptstadt und auch nur die viertgrößte Stadt von Marokko, doch sie ist sicherlich eine der bekanntesten Städte Afrikas und für viele ganz oben auf der persönlichen Bucketlist.

Auf dem großen Gauklerplatz Jemaa El-Fnaa geben sich Geschichtenerzähler und Schlangenbeschwörer neben zahlreichen Händlern ein Stelldichein. (c) canva

Egal von welcher Seite man in diese pulsierende Stadt eintaucht, der Duft nach orientalischen Gewürzen begleitet einen ständig. Der zweite permanente Duftbegleiter ist das Auspuffgas der unzähligen Mopeds, die einem in der Stadt und auch in den engen Gassen der Altstadt Medina und den Souks begegnen. Das Moped ist in Marrakesch eines der meistbenutzten Verkehrsmittel.
Der erste Stopp ist für die allermeisten Besucher Jemaa El-Fnaa, der große Gauklerplatz. Am Tag geht es meist schnellen Schrittes über den Platz, doch sobald die Sonne untergeht, erwacht er zu einem magischen Ort voller Leben – Akrobaten, Schlangenbeschwörer, Musiker und Geschichtenerzähler tummeln sich hier. Abends beginnt auch der Aufbau zahlreicher mobiler Küchen am Jemaa El-Fnaa und der Duft der marokkanischen Köstlichkeiten verführt die Menschen zum Probieren und Genießen.

Mit der Kutsche zu den Luxusboliden

Medersa Ben Youssef – die Koranschule und ihr wunderschön mit Mosaiken ausgestalteter Innenhof. (c) canva

Anstatt wie in anderen Städten für eine erste Erkundung der Stadt den Hop-on-Hop-off-Bus zu nehmen, empfiehlt sich in Marrakesch eine Fahrt mit einer der Pferdekutschen, die am südlichen Ausgang des Gauklerplatzes auf die Besucher warten. Sie sollten allerdings nicht in eine der ersten Kutschen einsteigen, denn je weiter hinten, desto günstiger wird das Angebot der Kutscher. Die gemütliche Fahrt vermittelt einen guten Überblick über die Stadt und gleichzeitig auch den großen Unterschied zwischen der Medina und der modernen Neustadt, in der man auch den einen oder anderen Luxusboliden zu sehen bekommt.
Zurück von der Kutschenfahrt drängt sich die Koutoubia-Moschee mit ihrem beeindruckenden Minarett ins Blickfeld – ein architektonisches Juwel. Die Moschee darf aber nur von Muslimen betreten werden. Empfehlenswert ist allerdings der dahinterliegende Park Lalla Hasna, auch weil der Zugang kostenfrei ist und man so in eine grüne Ruheoase mitten in der quirligen Stadt taucht.

Wer es gerne turbulenter hat, kommt in der Medina, dem historischen Herzstück Marrakeschs, voll auf seine Rechnung. Die 16 Kilometer lange Stadtmauer
umschließt die Altstadt mit ihren vielen engen Gassen und den kilometerlangen farbenfrohen Souks, ein Labyrinth aus Tausenden kleinen Läden. Neben handgefertigten Kunstwerken liegt eine Menge Fakeware bekannter Modedesigner, neben den tollsten Gewürzständen gibt es zahlreiche Produkte des täglichen Bedarfs bis hin zu allerlei kitschigen Souvenirs, die sicher nur Touristen kaufen. Das Verhandeln stellt bei jedem Einkauf übrigens eine Pflichtübung dar, die von den Händlern selbstverständlich erwartet wird.

Filigran und faszinierend: die Mosaike im prächtigen Bahia-Palast, wo sich andalusische und maurische Baukunst treffen. Der Palast erstreckt sich auf mehr als 8.000 m2 Grundfläche. (c) canva

Kunstvolle Mosaike im Bahia-Palast

Innerhalb der Medina liegt die Medersa Ben Youssef, eine der ältesten Koranschulen des Landes. Das heutige Museum beeindruckt durch die filigrane arabische Architektur und die kunstvollen Schnitzereien. Die prunkvolle Welt der marokkanischen Architektur setzt sich auch im Bahia-Palast fort. Großartige Mosaike, üppige Gärten und opulente Innenhöfe zeugen von vergangener Pracht und erzählen Geschichten von einem reichen kulturellen Erbe.
Wann immer man Ruhe und Abkühlung sucht – im Sommer steigen die Temperaturen gerne über 40 Grad –, so findet man diese in den berühmten Gärten von Marrakesch. Jardin Majorelle, ein vom bekannten Modedesigner Yves Saint Laurent entworfener Garten, empfängt seine Gäste mit lebhafter blauer Farbe und üppiger Vegetation. Allein die unzähligen verschiedenartigen und teils meterhohen Kakteen beeindrucken und versetzen uns in Staunen. Ein Spaziergang zwischen den exotischen Pflanzen und Wasserspielen ist eine wohltuende Abwechslung nach den aufregenden Eindrücken der Medina.

Gleiches gilt für den Jardin Secret, einen atemberaubenden Garten innerhalb der Altstadt. Anima, der berühmte von André Heller gestaltete Garten, liegt rund 30 Kilometer außerhalb der Stadt. Nur einen kurzen Fußmarsch von der Medina entfernt liegen die zwei Szeneviertel Gueliz und Hivernage in der Neustadt, Ville Nouvelle auf Französisch: Die beiden Viertel sind der Inbegriff des modernen Lebens in Marrakesch, man findet schicke Modeläden lokaler Designer bis hin zu Edelboutiquen internationaler Marken. Die Neustadt von Marrakesch beherbergt auch verschiedene Kunstgalerien, Museen und Kulturzentren, in denen Sie zeitgenössische marokkanische Kunst und Kultur erleben können. Das Musée Yves Saint Laurent Marrakech und das Musée de la Palmeraie sind nur einige Beispiele für kulturelle Einrichtungen in der Neustadt.

Quad-Abenteuer in der Wüste

Diejenigen, denen der Straßenverkehr in Marrakesch zu wenig Abenteuer bietet, finden dies außerhalb der Stadt. Die knapp eine Stunde entfernte Agafay-Wüste bietet mit ihrem trockenen, felsigen Untergrund die besten Pisten für eine staubige, dreckige Quad-Tour, ganz ohne Geschwindigkeitsbeschränkungen und Verkehrsregeln. Im östlich gelegenen Atlasgebirge finden sich Bergspitzen bis über 4.000 Meter und man kann umliegend auch das eine oder andere Skigebiet mit Liften und Pisten entdecken. Die Sahara, die größte Sandwüste der Welt, beginnt südwestlich des Atlasgebirges und bietet viele weitere Abenteuer.
Die Kombination aus der geschäftigen Energie Marrakeschs, den verborgenen Gärten, der faszinierenden Wüstenlandschaft und den majestätischen Bergen des Atlas-gebirges macht eine Reise nach Marokko zu einem vielschichtigen Abenteuer mit unzähligen Eindrücken, die die Seele berühren.
Marrakesch erweist sich nicht nur als Königsstadt, sondern auch als Tor zu einer Welt voll faszinierender Kontraste und unvergesslicher Erlebnisse.

Von Harald Kopeter