Winzer Weltmeister: Die Hirschers der Weinberge

Winzer Weltmeister
Ähnlich wie auf der Skipiste geht es auch beim Wein darum, den Stock zur richtigen Zeit über die Ziellinie  zu bringen. Winzer haben mit Marcel Hirscher viel gemein. Auch sie sind Weltmeister.

Im Pflug die steilen Hänge hinab, „Slalomlesen“ mit der Traubenschere und bei unvorhersehbarem Frost den niedrigen Temperaturen ordentlich einheizen. Gut, vielleicht sind die Vergleiche zwischen dem Skisport und dem Winzerhandwerk gar ein wenig abwegig. Dennoch: Mit Wettbewerben und Weltmeistertiteln kennen sich die heimischen Winzer fast so gut aus wie Marcel Hirscher.

Reinhard Muster, Muster Gamlitz

Reinhard Muster und seine Lage Ried Grubthal. „Auch der Jahrgang 2019 ist ein absolutes Sauvignon blanc Spitzenjahr.” Foto: Karin Lernbeiß

Schon 2016 – damals mit dem Jahrgang 2013 – trug Reinhard Muster den Sieg in einer Weltmeisterschaft davon: im Concours Mondial du Sauvignon blanc in Frankreich. Nur wenige Jahre später beim Wettbewerb in Hongkong (Cathay Pacific Hong Kong International Wine & Spirits Competition) verkostete eine Internationale Expertenjury Weine von allen Kontinenten. Dass sich Musters SB Ried Grubthal 2017 als „World’s Best Sauvignon blanc“ durchsetzte, scheint angesichts der steirischen Säurestruktur, die dem internationalen Gaumen nicht so geläufig ist, und ob der großen Konkurrenz aus Frankreich und Neuseeland eine kleine Sensation zu sein.

In der ersten virtuellen Weinverkostung in der VIA-Historie dürfen wir beide WM-Weine aus dem Hause Muster im Beisein des Winzers und seiner südsteirischen Kollegen Walter Skoff, Mario Weber und Markus Pongratz verkosten. „Eine spannende Lage, die zeigt, dass man auch in tieferen Lagen guten Wein machen kann“, merkt Weber vom Weingut Kodolitsch an. Er, der seinen Fässern nach eigener Aussage gerne ein Busserl aufdrückt, versteht Musters Philosophie durchwegs. „In unserem Weinkeller läuft klassische Musik und über Nacht sogar eine Diskokugel“, gibt Reinhard Muster zu Protokoll. Unbeeindruckt von der Covid-19-Pandemie dürfen seine Fässer also täglich eine Coronaparty feiern.

„Früher trank man Sauvignon blanc grasig mit klarer Brennnesselnote. Heutzutage können wir der Welt zeigen, dass die Rebsorte eine tolle Lagerfähigkeit besitzt und fein reifen kann. Das gilt es zu bewahren“, erklärt Walter Skoff vom Weingut Skoff Original.

Musters 2017er könnte also noch bedeutender werden. Als Muster 2000 als 20-Jähriger das Weingut von seinem Vater übernahm, war es ein regionaler Weinbaubetrieb von überschaubarer Größe. Heute bewirtschaftet der Winzer 57 Hektar.

Fragt man ihn nach dem Geheimnis seines Erfolgs, so antwortet er: „Wir arbeiten in allen Bereichen des Betriebs mit sehr, sehr, sehr viel Amore!“

Und dabei zitiert er nicht nur seine Wiener Lieblingsband Wanda, sondern meint es auch so. Der aktuelle Sauvignon blanc Ried Grubthal wurde zur Hälfte in Barriques ausgebaut, der Rest in großen Holzfässern und im Edelstahl, insgesamt waren es zwanzig Chargen. Ein Teil wurde auf der Maische vergoren. Der Sauvignon blanc Grubthal 2013 präsentiert sich leicht zigarrenrauchig, umarmt aber gleichzeitig sanft den Gaumen. Muster: „Man muss die Steiermark nicht neu erfinden. Wir sollten uns auf die Werte unserer Väter besinnen, wie es die junge Winzergeneration tut. Was wir brauchen, ist Stabilität.“

Pongratz

Markus und Sabine Pongratz, Weingut Pongratz | Foto: Karin Bergmann

Werfen wir einen Blick auf die Degustationsreihe von Markus Pongratz. Sauvignon blanc Ried Kranachberg 2019 (Fassprobe) und Schwalbenhimmel Sauvignon blanc Ried Hochberg 2018 machen den Anfang, bevor der in diesem Jahr mit der ersten internationalen Sauvignon blanc Trophy (Falstaff) ausgezeichnete Schwalbenhimmel Sauvignon blanc Ried Hochberg 2017 seinen Auftritt hat. Mit Gerald Brettschuh als Etikettenzeichner hat man sich einen Künstler ins Boot geholt, der den  Sammelcharakter der Weine unterstreichen soll. Den Preisträger loben die Kollegen als „spaßigen Genuss mit toller Finesse und ausgeglichenem Sortencharakter“. Ein angenehmer Speisebegleiter, etwa zu Brokkoli mit Mandeln und Sardellen, finden wir.

Walter_Skoff_Eva_Liebau_Kranachberg

Walter Skoff, Weingut
Skoff Original (im Bild mit Eva Skoff-Liebau) | Foto: Herbert Lehmann; www.lehmann.at

Weiter geht es mit den Sauvignon blancs Ried Hochsulz Südsteiermark DAC 2018, Ried Kranachberg 2015 – ausgezeichnet 2017 beim Concours Mondial du Sauvignon blanc in Bordeaux – und dem Sauvignon blanc Royal 2013 vom Weingut Skoff Original. „Es ist wichtig, neben der Herkunft auch die Sorte zu spüren. Kühle, Wärme und Struktur zeichnen den südsteirischen Sauvignon aus“, sind sich die Winzer einig.

Zwischen trinkanimierend und lagerpotent sind auch Skoffs Kreationen angesiedelt, der auf 60 Hektar 13 verschiedene Lagen und zwölf unterschiedliche Sauvignons in seinem Repertoire hat. Ried Hochsulz DAC 2018 erinnert leicht an den melonigen Geschmack des Sommers, der 2015er würde gut zu einer cremigen Champignonsauce passen. Der Royal ist lange am Stock und im Fass, die Holznase ist klar spürbar – ebenso die Note reifer Datteln. Definitiv ein Winterwein!

„Ich will nicht reich werden, sondern guten Wein machen. In Österreich zahlt es sich aus, auf Qualität zu setzen. Wenn man als Winzer einen Weltmeistertitel bekommt, kann einen das durchaus zu Tränen rühren“, gesteht Skoff.

„Man muss sich bewusst sein, dass man den Sauvignon blanc als Rebsorte niemals beherrschen kann. Er ist in meinen Augen eine grantige Rebsorte und gleichzeitig eine Königin. Vielleicht sind Auszeichnungen wie Weltmeistertitel deshalb auch so etwas Besonderes für uns alle“, sagt Muster.

Wir wenden uns dem Weingut Kodolitsch zu, für dessen vinophilen Output Mario Weber verantwortlich ist. Der Sauvignon blanc Ried Rosengarten T.M.S. 2018 kommt aus der besten Parzelle am Rosengarten. Wenig Restzucker trotz Frühreife. T.M.S. steht übrigens für „Trink Ma Sölba“. Wer eine Flasche ergattern will, muss mit Schnelligkeit argumentieren.

Es folgt Webers Titel-Sauvignon blanc Rosengarten Reserve T.M.S. 2015, ausgezeichnet vom Concours Mondial du Sauvignon bei der „Denis Dubourdieu Trophy“ in Graz. Definitiv ein Wein, der im Glas freudig „Hallo“ sagt, aber trotzdem  Zurückhaltung walten lässt. „Mit diesem Wein hatten wir in der Außenwahrnehmung den großen Durchbruch“, so Weber. „Der ist auch großartig“, lautet das Kompliment von Walter Skoff. „Wir sollten nur noch solche Weine machen.“

Jeder Wein trage die Handschrift des Winzers und sei Emotion pur. Neid hat da keinen Platz. Warum auch? „Jeder Jahrgang ist eine neue Herausforderung. Wir  unterstützen uns gegenseitig und klopfen uns bei Erfolgen auf die Schulter. Es geht um ein Miteinander in der Region“, so der Tenor der virtuellen Verkosterrunde, die von Christina Pauschenwein von der Agentur Wine+Partners und zwischenzeitlich von Luis, Hofkater des Weinguts Muster, begleitet wurde. Wir schließen mit dem Blick auf das touristisch sensationelle Jahr 2020 – und das trotz Corona. Halten die Region und ihr Charme der Gästeflut stand? Muster: „Es ist wichtig, unser Kulturgut zu bewahren und wütenden Investoren von außerhalb rechtzeitig den Riegel vorzuschieben.“

TINA VEIT-FUCHS

Weingut Muster
8462 Grubtal 14
muster-gamlitz.at

Weingut Pongratz
Kranachberg 73
8462 Gamlitz
weingut-pongratz.at

Weingut Skoff
Original
Eckberg 16
8462 Gamlitz
skofforiginal.at

Weingut Kodolitsch
Seggauberg 65
8430 Leibnitz
kodolitsch.at

Foto: Werner Krug