Ziegenkitz ist kein Schmarrn – Wirt im Porträt

Ziegenkitz ist kein Schmarrn - Wirt im Porträt
Die Welt gesehen und wieder im Dorf gelandet: Anna Lercher und ihr Partner Daniel Leitner huldigen im Familiengasthof dem Landleben und flechten ihre Erfahrungen ein.

Irland, Schweiz, Amerika, Salzburg, Kärnten, Wien. Im hoch dotierten Steirereck bei Heinz und Birgit Reitbauer sind sich Anna Lercher und ihr Freund Daniel Leitner das erste Mal über den Weg gelaufen – arbeitend, versteht sich. Beide in der Küche und zwischen ihnen der ganz große Gastro­kosmos.

Der Fokus im Weinkeller liegt auf österreichischer Herkunft – von Naturweinen bis klassisch gereift. Jährlich findet am Valentinstag ein Winzerdinner statt.

Sechs Jahre Vollgas geben in der Hauptstadt formten den Willen und nährten das Zukunftsbild der beiden. „Wir zwei waren schon immer Landmenschen und schätzen die Lebensqualität in der Provinz sehr. Der Weg zurück in den damals noch elterlichen Betrieb nach Murau, zurück zu den steirischen Wurzeln und unseren Freunden fiel uns nicht schwer“, lächelt Anna Lercher.

2022 markiert das Jahr ihrer Betriebsübernahme mit 14 Mitarbeitenden, 145 Sitzplätzen im seit 1910 von den Lerchers geführten Gasthof und 100 Betten im Hotel. Der Garten und die Außenanlagen sind Wirkungsstätte von Seniorchef Adolf geblieben. ­Annas Mutter Dagmar hilft nach wie vor im Service und an der Rezeption. „Über 30 Jahre haben meine Eltern zusammengearbeitet und dann kommen wir und hinterfragen bestehende Systeme. Zwischendurch stand da wohl bei allen mal die Welt kopf“, malt die fröhliche Gastgeberin ein ehrliches Bild. Kompromisse sind am Land aber weitaus mehr als atmosphärische Notwendigkeiten und der gastronomische Weg des jungen Paares klar und smart. „Unser Beruf ist großartig und gepflastert mit so vielen tollen Begegnungen und Persönlichkeiten.“

Klassiker mit einem Twist

Ein Traditionsgasthaus mit Traditions­gerichten: Auf der Karte finden sich Speisen wie Beinfleischsuppe vor

In Daniel Leitners Reich, der Küche, gibt die Wertigkeit der zum Einsatz kommenden Naturprodukte den Ton an. Karpfen, Forelle und Saibling bezieht der Koch etwa von Fischmeister Josef Klünsner aus Murau, das Zirbitz-Lamm kommt von Familie Wernig aus Mühlen. Zutaten für Wirtshausklassiker wie Gulasch und Beuschel stammen aus der ortsansässigen Fleischerei Kailerei. Zur Schusszeit geht die Familie sogar gemeinsam auf die Jagd. „Unser Ziel ist es, gute Gastgeber zu sein, die österreichische Küche mit einem Twist bieten“, skizziert Leitner. Ein Beispiel: „Ein Paprikahendl kann schwer und deftig wirken. Ich verpasse dem Gericht beispielsweise mit Salzzitronen und Kapern etwas mehr Leichtigkeit.“

Beliebter „Evergreen“ auf der Wirtshauskarte ist Daniels Sauerrahmschmarrn, je nach Jahreszeit mit saisonalen Obstbegleitern wie Apfelmus oder Marillenröster. Im Sommer verwandelt sich das flaumige Dessert in einen Schwarzbeerschmarrn. Blaue Zungen inkludiert. Das große Gasthaus-Sterben – ist man in Murau davor gefeit? „Das Wichtigste ist, so glauben wir, sich bewusst zu sein, wer man ist und was man sein möchte. Wir denken, dass ehrliches Gastgebertum und Menschlichkeit wichtige Komponenten sind, um heutzutage als Gastronomiebetrieb zu bestehen. Wer seinen Gästen und seinen Angestellten zuhört, sie in ihrer Individualität wahrnimmt und mit ihnen eine echte Verbindung aufbauen kann, liegt klar im Vorteil“, so Leitner. Im Gasthof Lercher hätten sie alle Raum – der Professor ebenso wie der Polier. Anna: „Das Miteinander an unserer Theke ist auch für mich persönlich bereichernd. Ich bekomme Einblicke in unterschiedliche Lebensmodelle, die auch meinen persönlichen Horizont erweitern.“

Rezept: Geschmorte Ziegenkitzschulter

Zutaten für 4 Personen:
1 Ziegenkitzschulter (ca. 800–1000 g)
3 EL Olivenöl
4 Bananenschalotten, geschält und halbiert
4 Zehen Knoblauch, geschält und halbiert
3 Zweige Thymian
3 Zweige Rosmarin
800 ml Rindsuppe oder Hühnerfond
200 ml Riesling trocken
2 EL kleine Kapern
Salz, Pfeffer

Zubereitung:
Die Kitzschulter mit Salz und Pfeffer würzen und in einer gusseisernen Kasserolle von allen Seiten scharf anbraten. Die Schalotten, Knoblauch, Rosmarin und Thymian beigeben und kurz mitanrösten. Kapern beigeben und mit dem Riesling ablöschen. Den Wein bis zur Hälfte reduzieren und mit der Rindsuppe oder Hühnerfond auffüllen. Alles einmal aufkochen lassen und mit Alufolie verschließen. Bei 200 °C Umluft im Backofen für ca. 60 Minuten schmoren lassen.
Wenn das Fleisch schön zart ist, aus der Sauce nehmen und an einem warmen Ort 10 Minuten ruhen lassen. Nach Belieben auslösen oder am Knochen belassen. Den Schmorfond fürs Nappieren beliebiger Beilagen, hier junge Artischocken und  heurige Erdäpfel mit Kapern und Wildkräutern, verwenden.

Rezept von Daniel Leitner,
Hotel Gasthof Lercher
hotel-restaurant-lercher.at

Von Tina Veit-Fuchs

 

Beitragsbilder: Tom Lamm