Zypern : Aphrodite war auch schon da

Zypern Agia Kyriaki
Die drittgrößte Mittelmeerinsel ist eigentlich mehr Asien als Europa, zumindest geografisch gesehen. Die Schnittstelle zwischen Orient und Okzident ist ein sonnig-heißes Pflaster geblieben.
Zypern Felsen der Aphrodite

Die Liebesgöttin Aphrodite soll am mythenumrankten Felsen der Aphrodite
dem Meer entstiegen sein.
(Foto: marinadatsenko/stock.adobe.com)

Geheimtipp ist die Insel schon lang nicht mehr: Schon in antiken Zeiten kamen jährlich Tausende von Pilgern nach ­Zypern und huldigten der Liebesgöttin Aphrodite in ihrem Heiligtum. Die soll am mythenumrankten Felsen der Aphrodite dem Meer entstiegen sein, heute ein beliebter Picknick-Spot an der zypriotischen Südwestküste zwischen Limassol und Paphos. Heiß zu geht es hier meist ohnedies, denn Schatten an den Traumstränden im östlichen Mittelmeer ist rar. Und derer gibt es viele. Dort wird die 40-Grad-Marke sommers regelmäßig und ausgiebig überschritten, was Zypern zum heißesten Land Europas macht: Selbst im November liegt die Wassertemperatur manchmal noch bei 25 Grad, und die Außentemperatur noch deutlich höher.

Im Winter ist es wohl angenehmer im Land, für Wanderer zumindest, die dann bisweilen mit ein wenig Regen rechnen müssen. Kurztouren sind ganzjährig möglich: Der Artemis-Trail etwa, sieben Kilometer lang, umrundet den Mount Olympus im Troodos-­Gebirge, wo all jene, die sich an der fabelhaften Aussicht über die Insel sattgesehen haben, auch prächtig Trüffel sammeln können. Selbst Schnee ist hier auf über 2000 Metern nicht ausgeschlossen, wenn auch die kleinen Skigebiete nicht mit Schneekanonen und beheizten Sesselliftbänken aufwarten können: Fünf Lifte gibt es, darunter den Schlepplift Hera und den Sessellift Olymp, vier Kilometer Abfahrt, Tageskarte 25 Euro: Wer Schneesicherheit bevorzugt, bleibt dennoch lieber auf der Bürgeralpe bei ­Aflenz und pilgert nicht nach Zypern.

Orthodoxe Kultstätten

Zypern Orthodoxe Kultstätten

Orthodoxe Kultstätten gibt es auf Zypern genug. Wer kulturelle Besichtigungen plant, muss der Hitze trotzen.
(Foto: Spreitzhofer)

Für eine Reise nach Zypern gibt es wahrlich bessere Gründe. Das Kykkos-Kloster etwa, inmitten archaischer Zedernwälder, ist einer der populärsten Pilgerorte Zyperns. Grund dafür ist eine wundertätige Marienikone, die allerdings auch keine Schneegarantie abgeben kann. Von einem Einsiedlermönch Ende des 11. Jahrhunderts errichtet, liegt das Kloster abgeschieden auf 1.140 Meter Seehöhe im Südwesten des Landes und ist nur über enge, verschlungene Bergstraßen erreichbar, wie vieles landeinwärts. Man fährt immer noch links, auf der ganzen Insel, ­obwohl das britische Protektorat seit 1960 beendet und das Land seither unabhängig ist.

Viele der orthodoxen Kultstätten sind weltbekannt. Das Höhlenkloster Agios Neophytos etwa, oder Stavrovouni: Spektakulär auf einer Bergspitze vor Larnaka gelegen, gilt das Kloster aus dem 3. Jahrhundert als eines der ältesten der Insel und lässt nur Männer als Besucher zu – und selbst das nur wenige Stunden am Tag, Shorts sind verboten. Das Trooditissa-Kloster oben in den Troodos-Bergen ist der Sommersitz des Bischofs von Paphos, der weiß, wo es im Sommer angenehm kühl ist. In Paphos jedenfalls nicht: 2017 zur Kulturhauptstadt Europas gekürt, blickt die quirlige Hafenstadt auf eine lange Geschichte zurück. Da sind die Königsgräber von Nea Paphos, seit 1980 UNESCO-Weltkulturerbe, die in vorchristliche ptolemäische Zeiten zurückgehen. Oder das Ruinengelände rund um die spätbyzantinische Kreuzkuppelkirche Agia ­Kyriaki, wo der Apostel Paulus gefesselt und gegeißelt worden sein soll, glaubt man der Legende: Von der heute sprichwörtlichen Gastfreundschaft der Zyprioten war er wohl wenig angetan.

Sonnenanbeter aus aller Welt

Zypern Hafen

Da laden für viele Menschen so manche hübsche Hafenplätzchen schon eher zum Verweilen ein.
(Foto: Spreitzhofer)

Besagte Gastfreundschaft ist heute legendär in Zypern: „Kopiaste“, sagen sie, komm und leiste uns Gesellschaft, warum nicht gleich in unseren bunten Souvenirshops? Da gibt es handbemalte Ikonen für die einen, bestickte Taschentücher für die anderen und ein paar garantiert echte Haaland-Trikots für britische Gäste aus Manchester und Umgebung, für die Urlaub Live-Fußball in diversen Beachbars bedeutet. Why not? Schon die Kreuzritter, die noch mit Barken aus der Türkei übersetzen mussten, machten hier oft monatelang Pause, lange bevor die Flughäfen Larnaka (Republik Zypern) und Nikosia-
Ercan (Türkische Republik Nordzypern) Sonnenanbetern aus aller Welt den Zutritt erleichterten.

Verhungert ist noch keiner: Wer Sudsukos (aufgereihte, in Traubenmost getunkte Mandeln) und Mousaka, Halloumi-Käse und Chiromeri (geräucherter Schweineschinken) verabscheut, greift eben zu Fish & Chips & Kebab und genehmigt sich ein Gläschen dazu. Oder zwei. Denn durstig bleiben wäre unerfreulich und ungesund, der Hitze halber. Dafür gibt es ruhige Tavernen im Landesinneren und weniger ruhige Partyschuppen in Agia Napia und Protaras, wo allerlei Nachwuchs-Aphroditen auf Tanz und Tattoo warten.

Diesen Flecken Zypern, an der Südostspitze der Insel, verlassen so manche höchst ungern oder nie, suhlen sich nachmittags an der Nissi Beach, promenieren abends gen Lunapark und sehen nachts bisweilen auch mythenumwobene Seemonster am Cap Greco. Ob das mit einem Übermaß an „Aphrodite“ und „weißer Frau“, lokalen Weißweinmischungen mit allerlei Früchten, zu tun hat, weiß wohl niemand so ganz genau. Wer Ballermann mag, statistisch acht Grad wärmer als auf Mallorca, liegt hier jedenfalls goldrichtig. Ob versteckte Buchten oder weite Strände, Kies oder Sand, Swim oder Surf: Zyperns 60 Strände lassen keine Wünsche offen.

Zypern Hafenstadt Limassol

Die Hafenstadt Limassol mit ihren schicken Bars und Graffitikünstlern ist auch ein Paradies für Kitesurfer.
(Foto: f8grapher/Canva)

Partymeile oder Idylle? Und!

Schade jedenfalls, denn die Mittelmeerinsel hat mehr zu bieten als Halligalli: Urtümliche Dörfer und idyllische Weinberge, ­Zedern und Wacholder und viel mediterrane Einsamkeit, wer es mag. Die Hauptstadt Nikosia, immer noch eine geteilte Stadt in der Inselmitte, mit Moscheen auf türkischer und orthodoxen Kirchen auf zypriotischer Seite und einem offiziellen EU-Grenzübertritt dazwischen. Die Hafenstadt Limassol mit ihrer schicken Marina, vielen Bars und Graffitikünstlern ist ein Paradies für Kitesurfer, die sich an der Lady’s Mile Beach tummeln. Gar nicht weit weg findet sich das Katzenkloster Sankt Nikolaus, wo es mehr junge Katzen als alte Nonnen gibt, Tendenz steigend.

Die Halbinsel Akamas ist Nationalpark und benannt nach dem Sohn des Theseus, der dort im Trojanischen Krieg gestrandet sein soll und vielleicht in der dunklen Avakas-Schlucht ein wenig Abkühlung gefunden hat – der Canyon mit seinen 30 Meter hohen Steilwänden ist nur ein paar Meter breit, wunderbar wanderbar und wahrscheinlich der sonnenfreieste Ort der Insel. Und: Nicht jeder, der einen kleinen Fußmarsch zum Bad der Aphrodite auf sich nimmt – einer kleinen Grotte mit einem Süßwasserbecken hinter dem Fischerhafen von Lakki – muss wie der schöne Adonis, Gefährte der Aphrodite,  aussehen. Schaden kann es aber auch nicht. Feigenbäume sind vorhanden, wer plötzlich dringend ein Blatt braucht. Kopiaste!

Eine Insel, zwei Länder?

Zypern ist seit 1974 politisch geteilt und etwa so groß wie Kärnten. Der Süden wird von der Republik Zypern beherrscht, seit 2004 Mitglied der Europäischen Union, die völkerrechtlich weiterhin die ganze Insel umfasst (ca. 900.000 Einwohner). Der Nordteil steht unter Kontrolle der Türkischen Republik Nordzypern ­(ca. 300.000 Einwohner), die nur von der Türkei anerkannt wird. Diese besetzte das Gebiet 1974 militärisch, nachdem griechische Putschisten den Anschluss Zyperns an Griechenland hatten durchsetzen wollen. Zwischen den beiden Gebieten liegt eine Pufferzone, die als „Grüne Linie” auch die Hauptstadt Nikosia (Levkosia) teilt und von der Friedenstruppe der Vereinten Nationen überwacht und verwaltet wird. Grenzübertritte sind derzeit in beide Richtungen möglich, auch für Tagesausflüge. Bei Leihautos Versicherungsbestimmungen beachten!

von Günter Spreizhofer

visitcyprus.com
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Beitragsbild: evgeni fabisuk/stock.adobe.com