Alma und agua

Alma und agua
Meeresrauschen, lustbetonende Produkte und maurisches Erbe. Der Gedanke an den Süden Portugals löst Sehnsucht aus. Wir blicken in das Gesicht der packenden Algarve.

(Foto: Kobu Agency (2)/Unsplash)

Die Sardine ist an der Algarve eine Ikone. Kein Fest ohne sie! „Silbergrau glitzernd, schmal und nicht besonders groß schaut sie mit eindrucksvoll dunklem Blick in die Welt. Wasser ist ihr Element, gerne tief und kalt“, weiß Rita Henss, Autorin des Genussreisebuchs „Algarve: eine kulinarische Reise. Geschichten und Rezepte aus Portugals wildem Süden“. „Die Sardine ist volksnah, zu Hause eher in den Hütten der Armen, fürchtet sie weder heißes Eisen noch offenes Feuer. Man darf, ja soll sie mit den Händen packen und mit den Lippen ihr duftendes Fleisch vom zarten Rückgrat lösen“, verwebt Henss ihren authentischen Blick auf das Leben der Algarvios und ihr kulinarisches Erbe einer jahrtausendealten Kultur. Fischfang und Landwirtschaft spielen eine große Rolle in Portugals Süden.

Längst sind die Meere nicht mehr so ertragreich wie früher und immer mehr Surfer stecken ihre Wellenreviere, etwa rund um den Hotspot Arrifana, ab. Vorbei an knorrigen Feigenbäumen und silbergrauen Olivenhainen trifft man Fischer und Muschelsammler vor allem an der Südküste der Algarve nahe dem sogenannten Kaninchenstrand Praia da Coelha (Coelha heißt übersetzt Kaninchen)  – eine wunderschöne kleine Bucht, die vor allem Locals anlockt und nicht überfüllt ist. Das Wasser hier ist ruhig und klar. Portugals wilde, gelbe Steilküsten stehen im Kontrast zu den versteckten kleinen Sandstrandstücken, die zwischen ihnen liegen.

Ob in der Hauptstadt Faro oder im Künstlerdorf Alte: Die malerischen Städte und Dörfer an der Küste und im Hinterland zeugen von reicher Kulturgeschichte. (Foto: Kabu Agency / Unspalsh)

Auch der Praia da Cordoama ist ein wunderschöner, kilometerlanger Sandstrand, der sich an die stark zerklüftete Felsküste schmiegt und bei Ebbe mit den benachbarten Stränden Praia da Barriga und Praia do Castelejo verbunden ist. Ruhige Plätze sind hier garantiert keine Mangelware. Praktisch, dass eine der beliebtesten Sehenswürdigkeiten der Algarve unmittelbar in Strandnähe liegt: Die Höhle von Benagil entert man am besten mit Kajak, SUP oder Luftmatratze. Vorsicht vor Ebbe und Flut! Noch mehr Abenteuer erlebt man im Castelo de Alcoutim aus dem 14. Jahrhundert, das über dem Städtchen am Rio Guadiana wacht. Auf der anderen Flussseite liegt das spanische Sanlúcar de Guadina. Alcoutim und sein spanischer Nachbar werden mit der weltweit einzigen Zipline, die über eine Staatsgrenze hinübersaust, verbunden.

Auf der 720 Meter langen Seilrutsche erlebt man unterschiedlich Zeitzonen  – jene von Portugal und jene von Spanien. Übrigens: Von Alcoutim schlängelt sich die Via Algarviana als Fernwanderweg rund 300 Kilometer lang bis zum Cabo de São Vicente. Die Strecke führt durch fast zwei Dutzend Gemeinden im Hinterland der Algarve – hier erlebt man alles, was die Region kulturell und in puncto Naturschönheit zu bieten hat: entzückende, malerische Dörfer, ausgedehnte Blumenwiesen, terrassierte Felder und Korkeichenwälder. Weitwandern schreit nach Wellness danach. In der 5-Sterne-Anlage Tivoli Carvoeiro Algarve Resort wird sich in einem von sechs Massageräumen unter anderem um schwere Beine gekümmert. Alternative Urlaubstypen kommen in einem der süßen Boutiquehotels wie dem Hospedaria zwischen Meer und Berg oder dem Bed & Breakfast Quinta da Lua bei Tavira unter.

Erdbeerschnaps

Direkt an der Steilküste: Die 5-Sterne-Anlage Tivoli Carvoeiro Algarve Resort punktet mit einem unglaublichen Blick auf den Horizont. (Foto: Pexels/Jo Kassis)

Reisende mit Kindern werden das Landhotel Reguengo lieben. Dort findet man Natur pur und trotzdem genügend Komfort zwischen Pferden, Schweinen, Fluss, Holzsauna, Yogastunden und Pippi-Langstrumpf-Feeling. Für die meisten beginnt eine Algarve-Reise ja in Faro, der Hauptstadt. Was es dort zu sehen gibt, ist schön, aber überschaubar. Bezaubernder ist das Künstlerdorf Alte mit seinen weiß getünchten Häusern, bunten Fenster- und Türrahmen, fantasievoll verzierten Schornsteinen und kleinen, gepflasterten Gassen. Hier darf man sich erst mal einen Obstschnaps aus der Frucht des Erdbeerbaums oder schlichtweg einen frisch gepressten Orangensaft gönnen, bevor man die Füße ins kühle, erfrischende Nass des Wasserfalls Queda do Vigário steckt. Die umliegenden Wiesen sind ein perfekter Picknick-Spot. Mit dem Rauschen des Wasserfalls im Ohr schmecken der mitgebrachte Ziegenkäse und die Esskastanien noch landestypischer.

Portugals Wellenreit-Hotspots sind für Anfänger und Profis gleichermaßen geeignet. Die Küste zwischen Aljezur und Faro wird besonders geschätzt. (Foto: Anja Jahn-Markus Bassler/Knesebeckverlag)

Schulterfreie Bauernblusen

Die in Portugal allerorts gepriesene Labung soll wohl der vermeintlich heißblütigen Melancholie des Landes vorbeugen. Zumindest wirkt sie ausgleichend und gehört zu einem Urlaub an der Algarve einfach dazu wie schulterfreie Bauernblusen. Was man unbedingt gekostet haben sollte: Entenmuscheln mit Maisbrei, Tintenfischeintopf in der Tintenfischhauptstadt Santa Luzia und Wildschwein, das gerne in der kalten Jahreszeit serviert wird. Niemand kommt zudem an Cataplana vorbei. Das Wort bezeichnet eigentlich einen Kupfertopf, der zum schonenden Garen oder Dünsten von Fisch, Meeresfrüchten, Gemüse oder Fleisch verwendet wird. Die geballte Würzkraft Portugals liegt übrigens im Piri Piri – eine kleine Chilischote, die dem Motto „scharf, schärfer, Piri Piri“ sehr nahe kommt. Sie wärmt von innen, falls sich der Herbstwind wider Erwarten gegen die Windjacke stemmt.

Tina Veit-Fuchs

 

Beitragsbild: Mike van den Bos/Unsplash