Best of Kranachberg – Wein vom Feinsten

Best of Kranachberg - Wein vom Feinsten
Wird das Terroir automatisch zur Visitenkarte eines Weins, wenn eine lose Riede in der Südsteiermark mehr Bekanntheit und Typisierung erfährt? Wir sind der Frage geschmacklich auf den Grund gegangen.

Nach drei Gesprächen war die Sache geritzt. Kranachberg per se ist keine zusammenhängende Riede und trotzdem – oder gerade deshalb – setzten sich 15 Winzer gemeinsam für eine harmonische Kanonisierung ein, um den auf 100 Hektar verteilten Weingärten auf erwähntem Hügel einen präzisen Identitätsstempel zu verpassen. Was das bringt: Klarheit für den Konsumenten. Denn auch wenn Österreich ein im internationalen Vergleich kleines Weinbauland ist, kann die Fülle an wissenswerten Informationen verwirrend werden, wenn man ins Detail geht. Wenn Sie sich also fragen, wo Ihr Glas Wein herkommt, müssen seit 2023 nun alle gesetzlich festgelegten Weinherkünfte unseres Landes auf Riedenkarten (riedenkarten.at) festgehalten sein. Der Kranachberg eben auch. Fortan fügt jeder Winzer dieser Riede eine individuell historische bis geografische Begrifflichkeiten hinzu. So werden sich innerhalb der nächsten zwei Jahre Keller und Regale um allerlei Kranachberg(e) – von Maurerfranzl über Alte Press bis Obere Kapelle und Trinkaus – erweitern. So weit, so gut. Doch wie schmeckt das Zeug, fragen Sie sich? Ein berechtigter Einwurf.

Wir sind zu Gast bei Markus Pongratz am gleichnamigen Weingut in Gamlitz.

In seinem 1698 erstmalig erwähnten Hof trommelt er Winzerkollegen Andreas Sattler, ­Johannes Wruss und Harald Wickhoff, Verkaufsprofi am Weingut Walter Skoff, für eine sommerliche VIA-Weinkost zusammen. „Best of Kranachberg“ ist ausgerufen und mit einer Tankprobe 2021 Alter Kranachberg vom ­Sattlerhof stürzen wir uns in die Thematik. Engmaschig und elegant kundschaftet der Wein bereits zum Auftakt die Sphären der Trinkfreude aus. „Der ruft ganz klar ‚Gemma‘!“, grinst Johannes Wruss. Die Freundschaft zwischen seinem Großvater und jenem von Andreas Sattler setzt sich 2023 in den Enkelkindern samt Schulterklopfen fort. Mittlerweile schenkt der Gastgeber seinen Kranachberg Sonnleiten 2021 ein. Teils im Holzfass, teils im Stahltank ausgebaut, präsentiert sich der Wein mit reifem Naserl trotz offensichtlichem Jungspund-Dasein. „Ein guter Jahrgang“ suggeriert Wickhoff.

„High End“

Lockeres ­Miteinander, ernsthaftes Von­ein­ander Wickhoff, Pongratz, Wruss und Sattler (v. l.) auf der Terrasse der beliebten Hochzeitslocation Pongratz

Eine von 1.500 Flaschen Kranachberg Sauvignon blanc 2020 aus dem Hause Wruss wird der Runde präsentiert. „High End“, sagt der Macher selbst. „Staubtrocken“, meint Pongratz. Wickhoff will „gemörserte Senfkörner aus dem Gurkenglas“ erkannt haben. Wir finden, er dürfte noch weiter an Flaschenreife zulegen. Vergleichbarer wird die Lage nun mit Walter Skoffs Kranachberg 2020, der künftig den Bei- bzw. Hausnamen Stani tragen wird. Sattler:  „Gute Würze, langer Zug.“ Die gelbfleischigen Töne, vorrangig junger gelber Paprika und frisch ausgetriebene Korianderspitzen, indizieren Genussfreude. Skoffs Oberkranachberg 2020 wirkt hingegen kräftiger – mehr Ananas und Früchtekorb, weniger Kräutrigkeit. Andreas Sattler, dessen Weine seit 2016 biozertifiziert sind und nur im Edelstahl ausgebaut werden, schickt seine Ried ­Kranachberg 2020 ins Rennen. Fazit: Wohlwollend furztrocken, klar und die Struktur des Weingartens gut eingebaut. „Der hat einen sehr guten Druck“, lobt Wickhoff. Noch bevor wir den schönen Schlieren im Glas nachsinnen können, schenkt Johannes Wruss seinen 2018er ein. „Genau jetzt muss man diesen Jahrgang trinken“, unterstreicht der Winzer in Lederhose. Sattler stimmt ihm zu. „2018 ist bislang zwischen den guten Jahrgängen 2017 und 2019 untergegangen.“ Das große, neutrale Holz ist in diesem Wein durchaus noch spürbar. Wruss will künftig aber ohnedies mehr auf Stahltank setzen.

Favoriten

Nach der Weinverkostung ist vor der Jause: Markus Pongratz, Harald Wickhoff, Andreas Sattler und Johannes Wruss verstehen sich auch „off-records” blendend.

Es wird Zeit, dass wir uns einem der Favoriten aus dem Sortiment von Markus Pongratz widmen. „2017 liegt mir sehr am Herzen. Nach dem schwierigen Weinjahr 2016 blicke ich gerne auf diesen Jahrgang zurück“, erklärt der Hausherr, der seine Wirkungsstätte heuer wieder dem legendären Stubnblues-Konzert zur Verfügung stellt. Was kann der 2017er letztendlich? „Ein großer Wein“, meint Wruss dazu. „Sehr jugendlich“, artikuliert Sattler. Wruss’ selbiger Vintage bringt die Kollegen ins Schwärmen. „Der hat Wums und gleichzeitig großes Potenzial“, so Wickhoff. „Ein Hammer!“, tönt Pongratz. Der Macher selbst gibt sich leicht kritisch: „Der braucht noch ein paar Jahre, bis er das Holz ausbalanciert hat. Mit der Reife, die unsere Sauvignon blancs etablieren, sehe ich  keinen Sinn, zu viel Holz einzusetzen.“

Sauvignon blanc Kranachberg

Das Grande Finale läutet der Sauvignon blanc Kranachberg 2012 aus den Weingefilden von Walter Skoff ein. 100 Prozent Stahltankausbau und ein warmes Jahr mit physiologisch hochreifen Trauben. Ein Wein mit Rückgrat, lebendiger Säure und prägnanter Brennnessel-Würze. „Das ist eine Flasche, für die man sich nur bedanken kann“, lobt Wruss. Markus Pongratz setzt noch einen drauf. 2000 ist er nach einigen Lehrjahren bei Erich Polz mit 22 Jahren am Buckel heimgekehrt und hat das erste Mal im elterlichen Weinkeller mitgemischt. Das Ergebnis in der Flasche hat ein tolles Parfum, fast Met-ähnlich mit extremer Minze in der Nase. „Wenn wir schon das Glück haben, so einen guten Boden zu haben, warum sollten wir eigentlich noch etwas anderes als Sauvignon blanc am Kranachberg machen?“

Von Tina Veit-Fuchs

Beitragsbilder: Oliver Wolf