Das Essenzielle ist für die Augen unsichtbar

Gschmackiger Freundes­kreis: 2-Sterne-Koch Dani García lud zur Hommage an Kochikone Joël Robuchon. Und seine Freunde, die besten Köche der internationalen Gastronomie, kamen, kochten und liesen Märchen wahr werden.

„Ursprünglich wollte ich nur meine Freunde in unsere neue Location einladen. Daraus ist dieses Event entstanden“, so 2-Sterne-Koch Dani García bescheiden zur Entstehung eines einzigartigen Zusammentreffens der internationalen Top-Gastronomie. Mitte April versammelte der andalusische Koch García 19 weitere Sterneköche und damit 71 Sterne in seinem Restaurant in Marbella, um gemeinsam für eine Legende der Gastronomie aufzukochen: Joël Robuchon, eine Ikone der intelligenten Küche, wie Dani García es ausdrückt, und selbst Herr über nicht weniger als 28 Sterne an elf Standorten weltweit.

Gastronomie-Familie

Größen der internationalen Top-Gastronomie von Joan Roca, der gemeinsam mit seinen Brüdern Josep und Jordi, dem laut der Liste der 50 Best Restaurants besten Restaurant der Welt, dem Celler de Can Roca vorsteht, über Daniel Humm, 3-Sterne-Koch aus dem Eleven Madison Restaurant in New York bis hin zu Andoni Luis Aduriz, bekannt für seine philosophische Betrachtungsweise der Küche in seinem Restaurant Mugaritz, gaben sich die Ehre. Alle Hand in Hand werkend und lachend hinter dem Küchenblock des Restaurants „Dani García Cocina Contradiction“ im 5-Sterne-Hotel Beach Resort Hotel Puente Romano in Marbella. Mehr als 100 Personen und damit 200 helfende Hände beim Event, das Dani García und sein Team passenderweise als „A Cuatro Manos“, also vierhändig, betitelt haben. Als Zeichen für freundschaftliches gemeinsames Kochen, als Hommage der Großen an einen Großen. Dazwischen eine Handvoll Journalisten, sprachlos ob der gebotenten Schau. Auch das: ziemlich einzigartig.
Dani García selbst hat sein aktuelles Menü im mit zwei Sternen vom Guide Michelin ausgezeichneten Restaurant in Anlehnung an die Geschichte des Kleinen Prinzen von Antoine de Saint-Exupéry gestaltet. „Das Essenzielle ist für die Augen unsichtbar, man sieht nur gut mit dem Herzen“, dieser Spruch begleitet sowohl sein Menü im Restaurant als auch das Event.

„Ich fühle mich umgekehrt wieder durch Dani García inspiriert. Dieser Zusammenhalt ist einzigartig.“
Joël Robuchon über die Hommage an ihn und echte Freundschaft

García: „Das Essenzielle ist der Geschmack.“ Und die Sache mit dem Herzen: Selten hat man eine derartig ehrliche und aufrichtige Gastfreundschaft sowie ein harmonischeres Zusammenspiel der ganz Großen der internationalen Top-Gastronomie gesehen als hier. Man kann es vielleicht nicht sehen, das Essenzielle, das Erinnerungen ausmacht, die den persönlichen Horizont auf die schönste Art und Weise erweitern. Aber an diesem 18. April in Marbella konnte man es spüren. Fast berühren. García: „Wir sind eine große Familie, alle untereinander befreundet. So ist die Idee zu dem Event in seinem Ursprung ja auch entstanden: Ich wollte meine Freunde einladen. Das Logischste für einen Koch ist dann auch, gemeinsam zu kochen“, lacht der Andalusier.

Seinen Höhepunkt fand das gemeinsame Werken in dem Menü als Hommage an Joël Robuchon. Jeder der Top-Köche hatte sich eines Klassikers des Grandseigneurs angenommen und diesen auf seine Weise interpretiert. Den Anfang machen einer der jüngsten Sterneköche Spaniens, Paco Morales, sowie Daniel Humm aus New York: Mit einem Tomatensalat mit Ziegenmilch-Labneh sowie andalusischem Touch von Morales in Anlehnung an Robuchons Tomate en salade mit geliertem Mozzarella.

„Das ist ein Event, von dem wir noch unseren Enkeln erzählen werden“
Andoni Luis Aduriz über besondere Momente

Daniel Humm serviert Kaviar mit Schinken und Blumenkohl, ähnlich wie seinerzeit Robuchon mit Kaviargelee sowie warmer Blumenkohlcreme. 20 Gänge, einer kreativer als der andere. Joël Robuchon lächelt nur leise. „Ich bin gerührt, weiß nicht, was ich sagen soll. Ich habe immer versucht, mein Wissen weiterzugeben, aber zu sehen, wie meine Kollegen sich in meinen Gerichten inspirieren, berührt mich im innersten Herzen“, so der Franzose an diesem generell sehr emotionalen und der Freude gewidmeten Abend. Eine kreative Genialität nach der anderen verlässt die mehr als 200 werkenden Hände hinter dem Küchenpass und geht beispielsweise als Dani Garcías Hommage an Joël Robuchon mit Rückensteak von Almadraba-Thunfisch und Taubenconsommé in die Geschichte der emotionalsten Kulinarikmomente ein.

Weitere Highlights lieferten Josean Alija aus dem Restaurant nerua in Bilbao mit Wachtel mit Foie gras, Mandel und Weizenjus sowie Joan Roca aus Girona mit einer Velouté aus Saubohnen mit Erbsen und einem Flan aus Foie gras. Andoni Luis Aduriz brachte eine freie Interpretation von Joël Robuchons Zephir von Käse mit schwarzer Trüffel, mit dem einfachen Namen Joël Candidum. Eine charmante, fast schon elfenhafte Erfrischung kam von Albert Adrià.

Mit dem Dessert aus Yuzu-Merengue und Roter Bete, der damit keinen Zweifel mehr daran ließ, warum er heuer als bester Patissier der Welt ausgezeichnet wurde. Aber es wäre kein Fest der spanischen Top-Gastronomie – die zwar weltweit den Ton angibt, das aber immer mit einem Lachen und Scherzen auf den Lippen – wenn es zum Abschluss nicht noch Musik und Gin Tonic gäbe, zu denen 71 Sterne im Rhythmus von Leidenschaft und Herzlichkeit auf und ab springen. Und damit zeigen, wie sehr Essen verbindet, und dass das Essenzielle eben nur mit dem Herzen zu sehen ist. Dass aber auch der Gaumen hier ein ganzes Stückchen mithilft, wenn es darum geht, Märchenhaftes zu schaffen, das Herz und Magen wärmt.

NINA WESSELY

Gallerie

Beitragsbild: (c) Restaurante Dani García, Hotel Puente Romano