Delikater Frühlingsbote

Neben Waldmeister, Bärlauch und Wipferln offeriert der Frühlingswald eine echte Delikatesse: Wir sind im Morchelfieber!

Sie locken bereits im Frühjahr Pilzjäger und Gourmets in die Wälder: delikate Morcheln. Versteckt zwischen Eschen, Bärlauch, Schneeglöckchen, unter Laub und kleinen Ästen, befeuern sie unsere Detektivkünste fernab der herbstlichen Schwammerlzeit. Schon die Römer wussten um den Wert der kleinen Kostbarkeit. Man glaubte, die Morchel würde Kriegern außergewöhnliche Kräfte verleihen. Noch im Mittelalter maß man ihr neben Trüffeln wahren ­Luxus bei.
Heute sprießen Morcheln in unseren Gefilden nach milden, trockenen Wintermonaten bereits ab März, ansonsten bevorzugt der hutähnliche Wabenpilz die Witterung zwischen April und Mai. Warme Feuchtigkeit ist maßgebend für das Wachstum.

In ihrem natürlichen Habitat: Morcheln entfachen Detektivspürsinn in uns. Sie wachsen gerne versteckt unter Laub und Ästen. Foto links: Karfiolsteak mit Morcheln. © were/Adobe Stock

Es wird also nicht mehr lange dauern, bis Franz Prawdic wie jedes Jahr in den Wäldern und Auen rund um Slovenska ­Bistrica unterwegs sein wird. Mit selbstgesammelten Morcheln, Herbsttrompeten, Schneeschwammerln, Steinpilzen, Eier­schwammerln, Walderdbeeren und Schwarzbeeren beliefert er ausgewählte Gastronomen. Markus Rath ist einer von ihnen. „Die Morchel ist ein starker Gewürzpilz. Ihr intensives Aroma harmoniert mit vielen anderen Frühlingsboten wie Spargel, Erbsen, Brennnessel, jungem Bärlauch und Kohlrabi“, erklärt Rath, Küchenchef im Schloss­keller Südsteiermark. Petersilie und ­Cognac tun der Morchel ebenso gut wie Saubohnen und Innereien. „Der Klassiker sind ­Nudeln, Morcheln und Rahmsauce – Letztere fängt das Aroma des Speisepilzes gut auf“, so Rath.

Prinzipiell ist der Morchelhut – von braungelb bis grau gefärbt – zart, fest im Fleisch und bedarf einer feinsäuberlichen Handhabung, weil sich gerne etwas Sand in Hohlräumen versteckt. Die Faustregel: je dunkler das Hütchen, desto intensiver der Geschmack. Pilze scheuen bekanntlich das Wasser. Wer Morcheln verarbeitet, braucht es dennoch: „Doch bitte nur kurz vor dem Gebrauch mit eiskaltem Wasser ­waschen“, rät Rath. Ein weiterer Tipp vom Profi: „Egal, für welches Gericht bzw. Rezept man sich entscheidet, Morcheln muss man immer gut durchkochen bzw. garen.“ Im rohen Zustand, anders als Trüffel, sorgt die Morchel für durchaus heftige ­Magenbeschwerden. Rath brät die Pilze zuerst in Butter an, löscht sie mit Weinbrand ab und lässt diesen gut runterkochen. „Ich verwende nur die Kappe. Die Stiele wandern beispielsweise in eine Ravioli-Füllung.“ Seine bislang außer­gewöhnlichste ­Kreation: Morchel-Eis. Für den Einstieg in die Schlauchpilzthematik serviert Rath jedenfalls Maibock mit Bärlauch-Tortellini und Morcheln. Wem das kochtechnisch zu steil ist, setzt auf den Klassiker: Pasta mit Morcheln. Mehr braucht es ja oft nicht.

Wer dieses Frühjahr auf der Waldpirsch ein gutes Auge beweist und reichlich mit Morcheln beschenkt wird, kann den Fund gut und gerne trocknen. „Das machen wir in der Restaurantküche bei Überschuss mit ­allen Pilzen so.“ Wer sich das nicht zutraut, setzt auf Estyria-Naturprodukte, die im steirischen Paldau Spitzmorcheln aus inter­nationalem Anbau sorgfältig verarbeiten und getrocknet im Glas anbieten.

Rezept von Markus Rath, Küchenchef im Schlosskeller Südsteiermark schlosskellersuedsteiermark.at

Maibock mit Bärlauch und Morcheln

Zutaten für 4 Personen:
700 g Rehschulter
je 2 EL schwarze Pfefferkörner, Korianderkörner, Wacholderbeeren, Pimentkörner
50 g Räucherspeck
50 g Knoblauch
400 g Zwiebeln
je 300 ml Gin, Madeira, ­Weinbrand
500 ml Rotwein
500 ml roter Portwein
80 g Butter
2 l Fleisch- oder Gemüsefond
4–5 Zweige Thymian
80 g eingemachte Aronia- oder Preiselbeeren
Salz, schwarzer Pfeffer aus der Mühle

Rehrücken:
400 g Rehrücken
1 TL Kakaobohnen
Salz, schwarzer Pfeffer aus der Mühle
200 g Morcheln

Nudelteig:
250 g Hartweizengrieß
4 Dotter, 1 Ei, 1 EL Olivenöl, Salz

Tortellini-Fülle:
100 g Bröseltopfen (20 % Fett)
2 EL Bärlauchpüree,
10 g Parmesan
1 Eigelb, 30 g Butter, 2 EL frischer Bärlauch, Salz, Pfeffer, Muskat

Zubereitung:

Für die Rehschulter Butter mit den Gewürzen, Speck und Knoblauch in einem Schmortopf langsam erhitzen und leicht bräunen. Die Schulter mit Salz und Pfeffer einreiben, in den Topf legen und bei mittlerer Hitze von beiden Seiten anbraten. Die Zwiebeln würfeln und im Topf Farbe nehmen lassen. Nach und nach mit Weinen und Spirituosen aufgießen und immer wieder komplett verkochen lassen. Schließlich mit dem Fond untergießen, die Thymianzweige zufügen, den Topf mit Backpapier abdecken. Im 200 °C heißen Ofen etwa 2 ½ Stunden schmoren, bis sich das Fleisch leicht vom Knochen löst. Den Schmorfond passieren und auf die gewünschte Konsistenz einkochen lassen. Mit etwas Butter und den Aronia- oder Preiselbeeren abschmecken.

Für den Rehrücken das ausgelöste und parierte Fleisch mit Salz und Pfeffer rundum einreiben. Etwas Butter mit den gehackten Kakaobohnen erhitzen. Das Fleisch darin auf allen Seiten je eine Minute anbraten und im 50 °C heißen Backrohr für 10 Minuten ruhen lassen.

Für den Nudelteig die Dotter mit etwas Salz vermengen und 2 Stunden einziehen lassen. So wird die Farbe der Nudeln gelber. Alle Zutaten in einen Rührkessel geben und 5 Minuten auf kleiner Stufe mit dem Knethaken kneten. Den Teig in Frischhaltefolie einwickeln oder vakuumieren und 2 Stunden im Kühlschrank rasten lassen. Die Butter in einem Topf bräunen und mit den restlichen Zutaten für die Fülle vermengen. Nudelteig dünn ausrollen, Kreise in einem Durchmesser von 4 cm ausstechen und die Ränder mit Eigelb bepinseln. 1 TL Fülle in die Mitte setzen, zusammenklappen und die beiden Spitzen des Halbkreises vorsichtig zusammendrücken, um Tortellini zu formen.

Die Morcheln waschen und in Butter rundum anbraten. Mit Salz und Pfeffer würzen. Zum Anrichten alle Komponenten gefällig am Teller anrichten; im Schlosskeller Südsteiermark wird das Gericht noch mit ein paar Tupfen Bärlauchpüree und gezupften Bärlauchblüten verfeinert.

 

Beitrasgbild:  fazeful/Adobe Stock