Gleich und Gleich gesellt sich gern

Die Rezeptpalette ist wieder einmal durch und die Abwechslung am Speiseplan lässt somit zu wünschen übrig? Dann ist es Zeit für Foodpairing. Denn hier weiß die Wissenschaft Rat.

 

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Wild mit Birne oder Blauschimmelkäse mit Mangochutney: Von manchen Food-Kombinationen ist man froh, dass sie jemand vor einem ausprobiert hat, denn selbst wäre man vielleicht nicht auf diese herrlichen, aber doch ausgefallenen Ideen gekommen.

Dabei haben Birne und Hirsch weit mehr miteinander gemein, als man vielleicht meinen möchte. Das sagen zumindest Agraringenieur Bernard Lahousse, Johan Langenbick und Koch Peter Coucquyt von Foodparing.com. Denn sie erforschen Aromen, analysieren Lebensmittel, um die Welt der Gastronomie und des Foodpairings zu erweitern.

Lahousse: „Wir glauben, dass, neue Aromenkombinationen zu entdecken und auszuprobieren, nicht nur den Genuss erhöht, sondern auch den Alltag bereichert.“

Und so kommt es, dass im Labor von Foodpairing.com ein sogenannter Gaschromatograf die Aromen von Birne, Hirsch und Co. herausarbeitet. Das Prinzip, nach dem danach in der Foodpairing-Phase vorgegangen wird, ist einfach: Gleich und Gleich gesellt sich gern.

Und dabei ergeben sich oft wunderbare Lebensmittelpaare, von denen man bestimmt nicht angenommen hätte, dass sie so viel gemein haben. Oder hätten Sie gedacht, dass Lakritze, Gänseleber und Coca Cola eine vorzügliche Kombination ergeben? Ebenso hat Lammfleisch mit Erdbeeren mehr Aromen gemein, als man meinen möchte.

Wer sich nun fragt, warum die Rede immer nur von Aromen, die nur mit der Nase wahrgenommen werden, ist, und nicht vom Geschmack, der war mit Recht besonders aufmerksam. Bernard Lahousse erklärt das so: „Der Geruch von Kaffee enthält mehr als 1000 Aromen, intensiv und röstig. Nimmt man einen Schluck mit zugehaltener Nase, wird der Kaffee schnell zum bitteren Drink ohne die geliebten Röstaromen.“

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Schließlich, so Lahousse und Co., seien bis zu 80 Prozent von dem, was wir Geschmack nennen, genau genommen Aromen. Also Komponenten, die wir über die Nase wahrnehmen.

 

Robo-Koch

Die Aromen, die Lahousse und seine Kollegen mithilfe des Gaschromatografen herausarbeiten, gelangen schließlich in die Datenbank. Dort tanzen sie bunte Aromenreigen, bis die perfekten Partner gefunden sind. Nun obliegt es der Kreativität des Kochs, aus den miteinander auf wissenschaftlicher Basis harmonierenden Produkten ein balanciertes Gericht zu schaffen. Die Fantasie des Kochs ist also in keiner Weise eingeschränkt.

Auch Spitzenköche wie Heston Blumenthal aus dem mit drei Sternen dekorierten Restaurant The Fat Duck ist sich sicher: „Oft entscheidet dennoch der Bauch oder die eigene Erfahrung. Aber es ist zweifelsohne schön, wenn einen die Wissenschaft bestätigt oder eben auch auf neue Aromenpaare bringt“, sagt der Spitzenkoch, der sich in seiner Kombination von Kaviar mit weißer Schokolade im Nachhinein bestätigt sieht.

 

Aus der Gastronomie auf den heimischen Herd

 

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Die Idee zum wissenschaftlichen Hinterfragen von neuen oder auch bewährten Foodkombinationen entstammt der Top-Gastronomie. Schließlich ist man hier immer auf der Suche nach neuen Kombinationen und Techniken, um seine Gäste zu begeistern. Und so kam es, dass sich besagter Heston Blumenthal und Aromenexperte François Benzi vor mehr als einem Jahrzehnt fragten: Warum eigentlich? Warum passt Jasminblüte zu Leber und so weiter? Bald gelangte diese Frage bis zum Belgier Lahousse.

Kulinarisch interessiert und wissenschaftlich fundiert ging es somit an die Aufarbeitung des Themas sowie den Aufbau der Food-Datenbank auf knapp 2000 Produkte. Doch auch die klassische Idee des Foodpairings inspiriert. So ist Bernard Lahousse in Zusammenarbeit mit Jane Lopes, Sommelière im 3-Sterne-Restaurant Eleven Madison in New York, wieder zu den Wurzeln des Foodpairings zurückgekehrt: zur Überlegung zur Kombination von Wein und Speisen.

Doch ganz klassisch bleibt es beim Agraringenieur natürlich nicht. Und so ist Lahousse´Ansatz, den Wein in seine Aromenkomponenten zu zerlegen und auf Basis dieser Informationen ein Gericht zu kreieren, das demnach das perfekte Paar zum ausgewählten Wein ergibt.

Ein Sancerre „Flores“ von Vincent Pinard, Jahrgang 2014 lieferte die Grundinformationen für ein Gericht in Harmonie mit dem Wein. Fruchtige Komponenten von Apfel und Ananas sowie florale Noten mit einem Hauch Rauchigkeit spuckte der Gaschromatograf an Aromen aus.
Ein wenig in der Datenbank gewühlt, empfahl der Computer, zu diesem Wein ein Gericht aus Schafkäse, Minze und Olivenöl zu kreieren. In den Händen von Sternekoch Peter Coucquyt aus dem Foodpairing-Gespann ergab das „Geschmorten Fenchel mit Schafmilchjoghurt, grünem Apfel, Sellerie sowie einem Hauch Minze“.

„Wir möchten in Zukunft noch viele weitere Getränke in unsere Datenbank aufnehmen“, so Lahousse. Denn auch das sorgt zweifelsohne für einige neue Blickwinkel in der Gastronomie sowie in der Kombination von Speisen und Wein. Barkeeper, deren Bereich sich der Küche auch immer mehr angleicht, greifen ebenso gerne auf diese Informationen zurück.

Gemüse im Cocktail und Fleisch als kleiner Snack dazu? Warum nicht? Die Wissenschaft sagt, es passt. Die Praxis bestätigt das mit feinen Aromen, die sich am Gaumen breitmachen und Lust auf den nächsten Schluck oder Bissen machen.

Doch auch heimische Küchen profitieren von diesem Ansatz: Ob man nun sämtliche Produkte, die sich noch im Kühlschrank befinden, in das System eingibt und erfährt, was man noch wie kombinieren könnte, oder ein Produkt in den Fokus setzt und mit Foodpairing.com sieht, welche Zutaten hier harmonieren. Zutaten, die vielleicht noch nicht zu den Klassikern in der heimischen Küche zählen. So lassen sich Gäste überraschen und auch der eigene Aromenhorizont dehnt sich mit jedem Foodpairing-Netz weiter aus.

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www.foodpairing.com

 

 

 

 

 

 

 

 

NINA WESSELY






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