Ivy Kollmann: Die Explosion satter Lichtspiele

Ivy Kollmann
Was lässt starke Farben förmlich explodieren? Licht! Dieses Prinzip lässt Ivy Kollmann für sich arbeiten und schafft damit im Kunstlichtatelier Objekte mit ungeheurer Strahlkraft.

Hauchdünnes Papier, zarte Linien, feinsinnige Texte. Die Lichtobjekte der Grazerin Ivy Kollmann scheinen zart und smart, sind aber im Grunde geradezu üppig aufgeladen: Farben, die durch das Licht erglühen, dichte Muster aus eng gewebten Linien und Strukturen im Trägerpapier, die durchscheinend, aber trotzdem stark wirken. Eine bestechende Kombination aus grafischen Elementen und malerischer Dichte. Davor prägen sich Worte, Textfragmente und Texte von zum Teil berühmten Persönlichkeiten in schwungvoller Kalligrafie ein. Zum Beispiel Charlie Chaplins Text: „Als ich mich selbst zu lieben begann.“

Im VIA-Interview verrät die Farb- und Lichtspielerin Ivy Kollmann, warum es ihr nicht um das Ausleuchten eines Raums geht.

Die Liebe zu Licht, Sprache, zur Kalligrafie, zur bildenden Kunst ist in deinen Werken gleichermaßen spürbar – was war zuerst da?
Tatsächlich waren es wohl Sprache und Kalli­grafie. Ich habe in meiner Jugend mal eine Postkarte bekommen von einem mir damals wichtigen Menschen, auf dieser stand ein sehr poetischer Text in auffällig verspielter Handschrift. Das hat bei mir einen bleibenden Eindruck hinterlassen. So etwas wollte ich auch einmal können.

Ivy Kollmann

Licht hinter hauchdünnem Papier lässt die Lichtobjekte erstrahlen, die Farben schimmern und gibt den Worten Kontur.

„Ich will Objekte erschaffen mit feinen Details, die ein meditatives Betrachten unterstützen.“

Ivy Kollmann

Du kommst ursprünglich aus der Fotografie – wie ging es mit der Kunst weiter?

Ich habe nach meinem Abschluss an der Grazer Ortweinschule einige Zeit als Fotografin gearbeitet. Und damit kam das Licht ins Spiel – wie man es einsetzen kann, um bestimmte Stimmungen zu erzeugen. Licht- und Schattenspiele, Strukturen und Muster, leuchtende, satte Farben – Gestaltungselemente, die Fotografie zu einem grenzenlosen Feld der Möglichkeiten machen.

Ivy Kollmann

Farben, perfekt in Szene gesetzt: Ivy Kollmann suchte einen Weg, die Strahlkraft von Farben zu vergrößern – und fand so zum Licht.

Ich wollte über die Abbildung der Wirklichkeit hinausgehen und habe mich dann der digitalen Bildbearbeitung gewidmet, um mit eigenen Realitäten zu spielen. Fast logisch war dann eine Grafikdesign-Ausbildung und ich arbeitete auch einige Jahre in diesem Beruf, wo ich meine wirkliche Liebe zur Ästhetik von Schrift, insbesondere von Handschrift, entdeckte.

Ernüchternd war für mich in dieser Zeit, in der ich am Bildschirm wunderbare Bilder erschuf, oft das Ergebnis diverser Printprodukte, was die Leuchtkraft der Farben betraf, und so suchte ich nach einer Möglichkeit, diese leuchtenden Farben in die analoge Welt zu transferieren.

So habe ich eine Technik entwickelt, in der ich Malerei, Grafik und meine Erfahrung aus der Fotografie vereinen kann: Bemaltes, grob strukturiertes Papier, kaschiert hinter Plexiglas, wurde für mich ein perfektes Medium, aus dem ich seit etwa zwölf Jahren Lichtobjekte gestalte. Damit setze ich Farben, Muster, Kalligrafie oder auch fotografische Elemente perfekt in Szene und kann damit eindrucksvolle Stimmungen erzeugen.

Was steht in deinen Lichtobjekten für dich persönlich im Vordergrund?

Die Motivation war ja, leuchtende Farben in die analoge Welt zu bringen. Das Licht hat an sich schon an Wichtigkeit gewonnen, allerdings geht es mir nicht unbedingt darum, einen Raum perfekt auszuleuchten, sondern ich möchte Objekte erschaffen, die man gerne lange anschaut. Die für die Augen angenehm weiches Licht ausstrahlen, immer wieder neue feine Details zu bieten haben, um ein meditatives Betrachten zu unterstützen. Als willkommene Alternative zu Bildschirmen, die unseren Gehirnen keine Zeit bieten, Gedanken und Fantasien freien Lauf zu lassen.Ivy Kollmann

Schreibst du selbst Texte für deine Lichtkunst?

Nein, ich sehe es eher als meine Aufgabe, die Worte diverser Poeten ins richtige Licht zu rücken. Allerdings kommt es abseits meiner Lichtobjekte vor – ich male und schreibe ja auch Kalligrafiebilder auf Leinwand –, dass ich meine Gedanken fließen lasse und dann doch wo was Persönliches draufsteht.

Mit welchen Materialien und Techniken arbeitest du?

Die Schrift gestalte ich immer mit Tusche. Für die Lichtobjekte verwende ich hauchdünnes Papier. Das Ausgangsmaterial muss so dünn sein, dass später ausreichend Licht durchkommt. Daher verdünne ich auch die Acrylfarben so stark, dass man von Aquarelltechnik sprechen kann. Das Papier klebe ich dann hinter Plexiglas.

Als Naturliebhaberin wird es mir allerdings zunehmend wichtig, auch ohne Kunststoff auszukommen. Also schreibe oder zeichne ich tatsächlich immer öfter mit Tusche auf Leinwand. Entweder ganz puristisch oder in Verbindung mit Fotoelementen und Malerei. Das sind dann letztlich im Off-Modus Keilrahmenbilder, hinterleuchtet ergeben sie schöne Lichtobjekte. Einfach ohne Hochglanzoberfläche – auf Holzrahmen aus nachhaltiger Forstwirtschaft.

„Es gibt wohl keine Struktur, keine noch so intensive Farbe, die die Natur nicht irgendwo zu bieten hat.“

Ivy Kollmann

Was sind für dich und deine künstlerische Arbeit Inspirationsquellen?

Meine größte Inspirationsquelle ist die Natur. Es gibt wohl keine Struktur, kein Muster, sei es auch noch so symmetrisch, keine intensive Farbe, die die Natur nicht irgendwo zu bieten hat. Man muss nur genau beobachten, sich Zeit nehmen zum Schauen. Die Struktur einer Baumrinde, die leuchtende Farbe einer Flechte, solche Dinge finde ich wunderschön. Wie auch sehr alte Bauwerke, die schon verwittern – man könnte das wieder der Natur zuschreiben, die sich den Raum zurückholt. Das Farbspiel einer verwitternden Steinwand: großartig in meinen Augen.

Ivy Kollmannn

Strenge, geometrische Formen scheinen die üppig explosive Farbkraft bändigen zu wollen – aber das gelingt nicht. Gut so!

Auch das Unterwegssein an fremden Orten, das Reisen an sich, ist natürlich ein Katalysator für die Wahrnehmung. Wenn alles neu ist, schaut man schon deshalb genauer, und meistens hat man auch mehr Zeit als im Alltag. Das Licht ist oft auch ganz anders an verschiedenen Orten.

Welche Künstlerinnen und Künstler sprechen dich an?

Aus der Fotografie ­László Moholy-Nagy und Henri Cartier Bresson – sie haben beide so wunderschön mit Strukturen und Mustern gearbeitet, die sie im Alltag irgendwo gesehen und fast auf surrealistische Weise ins Bild gerückt haben. Von den namhaften Künstlerinnen liebe ich wahrscheinlich am meisten Frida Kahlo mit ihren farbenprächtigen ­Bildern. Sehr inspirierend sind für mich ­­ H. R. Giger oder auch Josef Wurm.

Gestaltest du auch Auftragsarbeiten?

Ja, bei Lichtobjekten wird es sehr geschätzt, wenn man sie in den Lieblingsfarben oder zu einem schönen Möbelstück perfekt passend gestaltet. Und persönliche Texte sind natürlich sehr gefragt. Auch wenn ein solcher bei mir nicht leicht lesbar gestaltet wird, ist seine Energie doch immer präsent.

Info

Ivy Kollmann
Geb. 1973 in Graz.
Ortweinschule Graz, Schwerpunkt audiovisuelle Medien.
Ausbildung für Grafikdesign.
Seit 1999 freischaffende Künstlerin
und Illustratorin.

Kunstlichtatelier Ivy Kollmann
Sporgasse 22/Hofgasse 2, 8010 Graz
Keine fixen Öffnungszeiten, gerne Kontakt aufnehmen oder spontan vorbeischauen.
E-Mail: ivy@kunstlichtatelier.at
Tel.: (0664) 2800 194

Onlineshop auf kunstlichtatelier.at

Von Claudia Taucher

Beitragsbild: Ivy Kollmann