Die Naturgesetze als Grundlage aller Dinge sind für den Künstler und Mineralogen Josef Taucher das stabile Fundament für seine dynamische Malerei. Die Energie, die in der Natur steckt, wird auf seiner Leinwand für die Kunst „angezapft“.
„groß und strömend sieht er die natur, strahlend sind die farben, das stille walten in der natur ist formal und methodisch mit außerordentlicher klarheit und stimmungshaftigkeit dargestellt.“ Der bedeutende Kunsthistoriker, Universitätsprofessor und langjährige Leiter der Neuen Galerie am Universalmuseum Joanneum, Wilfried Skreiner (1927–1994), beschrieb so im Jahre 1980 in einem Ausstellungskatalog den Künstler Josef Taucher.
Kristalline Welten
Skreiner war seit Anbeginn überzeugter Förderer der Kunst Josef Tauchers und könnte er heute, 2018, im 70. Lebensjahr des Künstlers, dessen aktuelle Gemälde beschreiben, würde er wohl anmerken, wie intensiv die späteren mineralogischen Forschungen des Wissenschaftlers Taucher mit der Malerei verkettet sind.Wie der faszinierende atomare Aufbau der Materie im großen Fels spürbar wird und wie umgekehrt das Große die bewegte Innenwelt widerspiegelt.
„Ein Steinbrocken ist etwas Dynamisches“, erläutert Josef Taucher, „ein irrer Tumult in winzigen Dimensionen.“ Diese atomare Ebene mache die Felswand lebendig, so Taucher. Für den seit Kindertagen begeisterten Bergfreund und leidenschaftlichen Kletterer ist diese Bewegung im alles andere als starren Gestein eine der größten Inspirationen: „Man muss den Aufbau verstehen, damit man weiß, wo man hingreift. … Wir können uns nicht über die Naturgesetze erheben, sie sind die Grundlage von allem. Die Kunst geht aus der Natur hervor.“
Den Stein be-greifen
Sein Forschergeist begleitete ihn bei unzähligen Klettertouren – unter anderen mit Walter, einem seiner jüngeren Brüder, wurden zahlreiche Felswände im In- und Ausland erkundet, auch Erstbegehungen waren darunter, wie beispielsweise die Torstein-Westwand am Dachstein anno 1971. Die Eiskletterei in der Pallavicinirinne am Großglockner bezeichnet Josef Taucher heute lachend als „Spazierengehen mit dem Dackel“ – so mühelos erschien der jungen Truppe diese sportliche Herausforderung. „Es war einfach ein Vergnügen für uns, die Wände hinaufzulaufen“, erinnert sich Taucher gerne zurück.
20 Jahre lang genoss der Künstler als aktiver Kletterer die „ultimative Freiheit“ und studierte den Fels gewissermaßen mit bloßen Händen. Dieser Blick aus der Felswand gen Himmel prägt seitdem jede seiner Darstellungen von Wolken am Himmel. Und auch ein handgedruckter künstlerisch gestalteter Kletterführer (leider längst vergriffen) durch die Weizklamm und Raabklamm mit Grafiken und genauen Tourenbeschreibungen zeugt von seiner Begeisterung, Naturerleben künstlerisch festzuhalten.
Zeitlose Innovation
Josef Taucher war bereits in der Ortweinschule Graz einer, der den Dingen auf den Grund geht; seine Beschäftigung mit Malerei und Grafik ist seit jeher intensiv und zeitlos. Forum-Stadtpark-Mitbegründer Richard Winkler und Herms Fritz waren für Taucher wichtige, weil streitbare Lehrer. Zahllose Techniken wurden in der Schule erlernt und ausprobiert. Er vertiefte sich in die Farbenlehren von Johannes Itten und Johann Wolfgang von Goethe; um schließlich seine eigene Maltechnik zu entwickeln – „eine Art Offsettechnik mit dem Pinsel“.
Auf dunklem Untergrund arbeitet Taucher mit bis zu sechs Schichten Ölfarbe auf Leinwand. Wie man durch mehrere Farbschichten und verschiedene Perspektiven das Auge täuschen kann, fasziniert den Künstler immer wieder. Und wie dunkle Flächen entgegen aller „Gesetze“ für unsere Wahrnehmung in den Vordergrund treten können.
Zeitgeist interessierte Josef Taucher noch nie. Konsequent und mit größtmöglicher Freiheit geht er seinen Weg – und wurde deshalb außerhalb zeitgenössischer Kunstströmungen mitunter als „Landschaftsmaler“ missverstanden und schubladisiert. Taucher tritt aber auch als akribischer Grafiker in Erscheinung und mit seinen „Ausflügen“ in die Bildhauerei wurde er in den 80er-Jahren in der Kunstwelt hochgeschätzt.
Doch da die Malerei für ihn immer die größte Herausforderung war und ist, bleiben Ölfarbe und Leinwand im Zentrum seines ungebrochen wachen Interesses. Ein Sonnenuntergang aus Holz war für den Bildhauer anno 1982 „schnell zusammengenagelt“, aber „dieses kosmische Ereignis zu malen, das alles zu erfassen, dass der Betrachter es spüren kann“ – das ist für Josef Taucher noch ein offenes Kapitel. Bis dieses abgeschlossen ist, spazieren wir liebend gerne weiter in seinen Felslandschaften.
CLAUDIA RIEF-TAUCHER
Info
Josef Taucher
GEB. 1948 in Weiz.
HTBLA Ortweinschule Graz (Malerei und Grafik), seit 1974 freischaffender Maler, Grafiker, Bildhauer und Wissenschaftler.
AUSSTELLUNGEN seit 1980 im
In- und Ausland – u. a. Los Angeles, Belgrad, Kiew, Nijmegen (NL), Bochum, München, St. Petersburg, Bangalore (Indien)
joseftaucher.com
Beitragsbild: Hollerer