Martin Limbeck: „Wir müssen aus der Hängematte raus!“

Martin Limbeck
Unternehmer Martin Limbeck ist keiner, der sich ein Blatt vor den Mund nimmt – auch nicht in seinem neuen Buch „Dodoland“. Warum es zu viele bequeme Dodos gibt, verrät er im Interview.

Wirtschaftssenator, Mitglied des Bundeswirtschafts­senats, Investor, Gründer der Limbeck® Group und einer der führenden Sales-Experten Europas: Martin Limbecks Vita spricht für sich. Neben seiner Unternehmertätigkeit hält er Vorträge und engagiert sich für kranke und hilfsbedürftige Kinder in Deutschland. In seinem Werk „Dodoland – uns geht’s zu gut“ spart er nicht mit Gesellschaftskritik. Einen Einblick gibt’s schon mal hier.

 

Was macht einen „Dodo“ für Sie aus?

Der Dodo war ein großer, straußähnlicher Vogel, der auf Mauritius lebte. Er konnte nichts so wirklich – nicht fliegen, nicht schnell rennen, Jagen und Selbstverteidigung waren auch nicht sein Ding. Stattdessen fraß er den ganzen Tag über vergorenes Fallobst und genoss leicht angeschickert das Leben. Als holländische Seefahrer Mauritius entdeckten, waren Dodos für sie leichte Beute. Zwar schmeckten die Vögel nicht sonderlich gut – doch sie ließen sich regelrecht einsammeln. Ich fürchte, dass es unserer Gesellschaft genauso ergehen wird wie den Dodos, wenn wir nicht bald ins Handeln kommen. Dodo-Verhalten steckt in ganz vielen Menschen. Viele wollen nur noch die Früchte einsammeln, die auf dem Boden liegen. Sich auf dem Wohlstand ausruhen, den frühere Generationen mit harter Arbeit erschaffen haben. Vor allem viele junge Menschen haben heute eine Erwartungshaltung, da schlackern mir die Ohren. Da wird gefordert und gefordert – schon im Bewerbungsgespräch. Ich habe nichts dagegen, Leistung zu honorieren, doch die muss erst einmal erbracht werden!

Es gibt jedoch nicht nur den „jungen Dodo“. Auch manche in meinem Alter blocken sämtliche Veränderungen ab. Menschen, die sich im Job hochgearbeitet haben und jetzt noch möglichst unbehelligt die letzten zehn, 15 Jahre bis zur Rente absitzen wollen. Wenn alle nur noch darauf warten, dass ihnen gebratene Tauben in den Mund fliegen, werden wir den Karren vor die Wand fahren. Sei es in Deutschland, Österreich oder der Schweiz. Denn wir leben schon lange nicht mehr im Schlaraffenland.

 

In Ihrem Buch geht es darum, dass wir mehr leisten müssen. In welchen Bereichen?

In allen! Deutschland ist längst nicht mehr Weltklasse. In sämtlichen Statistiken werden wir überholt von China, Indien oder den USA. Wir bekommen es auch aktuell zu spüren – Stichwort Fachkräftemangel. In fast jeder Branche fehlen Mitarbeiter. Natürlich haben sich das Arbeitgeber zum Teil selbst zuzuschreiben: Wer seine Mitarbeiter schlecht bezahlt, Unternehmenskultur und Arbeitsklima mit Füßen tritt, braucht sich über Fluktuation nicht zu wundern. Doch ich habe auch den Eindruck, dass viele Menschen satt sind. Im neuen Jahr kommt das Bürgergeld, gleichzeitig sind schon jetzt die Hartz-IV-Sanktionen weggefallen. In unserem Land fehlen klar die Anreize, Leistung zu erbringen! Wer hat da noch Lust, sich für einen Job zu bewerben, wenn er oder sie fast das gleiche Geld vom Staat bekommt? Ich für meinen Teil würde lieber Autos waschen oder Burger braten, als tatenlos zu Hause zu sitzen – doch vielen fehlt diese Einstellung. Wir haben zu lange in einem Land des Überflusses gelebt, wo dich der Staat durchgefüttert hat, egal wie unproduktiv du warst. Wenn wir jetzt nicht endlich aus dieser Hängematte rauskommen und mit anpacken, gibt es bald ein unsanftes Erwachen.

 

Was denken Sie hindert die Menschen daran, sich aufzuraffen und ins Machen zu kommen?

Es gibt in der Psychologie das Konzept der „erlernten Hilflosigkeit“, das es meiner Ansicht nach auf den Punkt bringt. Vereinfacht gesagt funktioniert es so: Ein Mensch macht eine negative Erfahrung, fragt sich, wie es dazu kommen konnte. Und kommt zu dem Schluss, dass es so oder so passiert wäre. Sein Fazit: Ich kann eh nichts ändern, das Leben meint es schlecht mit mir! Wenn du das einmal glaubst, warum solltest du dich dann noch anstrengen? Hinzu kommt, dass es schlichtweg auch leichter und bequemer ist, die Schuld bei anderen zu suchen.

Ein weiterer Einflussfaktor ist die Meinung anderer: Viele Menschen sind so darauf bedacht, was andere über sie denken, dass sie völlig vergessen, ihr eigenes Leben zu leben. Und tolle Chancen verstreichen lassen, weil irgendwer ihnen gesagt hat, dass sie etwas „Anständiges“ lernen oder einen sicheren Beruf ergreifen sollen.

Der Haken an der Sache: Wenn immer mehr Menschen so denken und handeln, treten wir auf der Stelle! Denken wir mal zurück ins 19. Jahrhundert. Die Industriellen und ihre fleißigen Mitarbeiter haben damals die komplette Grundlage unserer Wirtschaft aufgebaut. Das war die Zeit großer Erfindungen. Und heute? Bekommst du massenhaft Steine in den Weg gelegt, wenn du dich selbstständig machen willst. Als Unternehmer bekommst du kaum noch einen Kredit, um eine neue Geschäftsidee zu realisieren. Selbst dann nicht, wenn du Sicherheiten in vielfacher Höhe vorweisen kannst. Weil Risiko in unserer Gesellschaft zu einem Fremdwort geworden ist.

 

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Wem würden Sie „Dodoland“ empfehlen? Kann sich daraus jeder etwas mitnehmen, egal ob Angestellter oder Unternehmer?

Absolut. Ich habe das Buch geschrieben, um aufzurütteln. Es richtet sich an Unternehmer ebenso wie an Selbstständige, Arbeitnehmer und natürlich auch Politiker. Mir ist bewusst, dass ich mit einigen Aussagen polarisiere – doch genau das wollte ich auch. Nur, wenn Menschen über ein Thema reden, rückt es in das allgemeine Bewusstsein. Und nur dann ist eine Änderung möglich. Ich denke, dass der eine oder andere sich beim Lesen auch selbst an der Nase packt und erkennt, dass er oder sie sich in manchen Situationen wie ein Dodo verhält. Weil es einfach und bequem ist.

 

Welche Ihrer Eigenschaften haben am meisten zu Ihrem Erfolg beigetragen?

Disziplin, Fleiß und Durchhaltevermögen. Ich bin in einfachen Verhältnissen groß geworden. Doch mir war schon früh klar: Wenn ich groß bin, will ich finanziell unabhängig sein und Porsche fahren. Dieses Ziel habe ich nicht erreicht, weil ich wie andere ins Familienunternehmen eingestiegen bin. Sondern aus eigener Kraft. Ich habe mich im Vertrieb hochgearbeitet, während fast alle, die damals als Junior-Verkäufer mit mir angefangen haben, die Segel gestrichen haben. Verkaufen ist der schönste Job, jedoch auch der härteste. Nirgendwo sonst hast du mit so viel Ablehnung zu tun. Das hat mich stark gemacht. Und ich habe gelernt, dranzubleiben. Immer wieder aufzustehen und weiterzumachen. Nach jeder Tür, die dir vor der Nase zugeschlagen wird, kommt wieder eine neue. Und vielleicht wartet dahinter das Geschäft deines Lebens.

 

Wie schaffen Sie sich eine Work-Life-Balance?

Zuerst mal bin ich kein Freund der Bezeichnung „Work-Life-Balance“. Schließlich ist Arbeit ja auch Leben. Wobei ich bei manchen Menschen das Gefühl habe, dass sie im Job eher wie Zombies dahinvegetieren und nur auf Feierabend, Wochenende oder Urlaub warten. Das finde ich ziemlich traurig. Ich spreche lieber von „Work-Life-Blending“ – für mich sind Leben und Arbeiten untrennbar miteinander verbunden und ich habe wahnsinnig Spaß an dem, was ich tue. Rituale sind für mich enorm wichtig, sie helfen mir, in meine Kraft zu kommen und maximal produktiv zu sein. Ich nehme mir jeden Morgen mindestens eine, manchmal zwei Stunden Zeit für mich. Dann gehe ich in den See oder dusche kalt und mache meine Wim-Hof-Atemübungen. Danach ist Training angesagt, entweder Fitness oder Joggen. Dabei höre ich meistens Hörbücher und Podcasts, um mich weiterzubilden. Wenn ich dann im Anschluss in mein Business starte, bin ich voll bei mir selbst und absolut fokussiert.

 

Ihre Top-Erfolgstipps in wenigen Worten?

Gewinner laufen die Extrameile, immer und immer wieder. Fleiß, Engagement und Einsatzbereitschaft bringen dich im Leben nach vorne, wenn du dranbleibst – Tag für Tag. Mindestens genauso wichtig: ein positives Mindset. Programmiere dich auf Erfolg, indem du dir schon vorab den positiven Ausgang eines Verkaufsgesprächs, einer Verhandlung oder sonst was visualisierst. Unsere Gedanken bestimmen unser Handeln und haben direkten Einfluss auf die Ergebnisse. Und: Sei dankbar. Für das, was du erreicht hast, für die Erfahrungen, die du machen konntest, positiv wie negativ. Für die Menschen, die du getroffen hast und die dich auf deinem Weg ein Stück begleitet haben, beruflich wie privat. Darin steckt eine unglaubliche Energie, die du für dich positiv nutzen kannst.

 

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Martin Limbecks Plädoyer für eine neue gesellschaftliche Leistungskultur.
penguinrandomhouse.de

 

von Anja Fuchs