Rad-Paradies Südtirol – Flowig durch das Alpenglühen

Südtirol | Foto: Rief-Taucher
Wenn die Augen funkeln, das Adrenalin fließt und jeder Table, jeder knifflige Drop bis ins Detail begeistert besprochen wird, dann war es ein „richtig geiler Bike-Tag“. In Südtirol kommen aber alle Sportlich-Verspielten ins Schwärmen.

Egal, wie viel Staub oder Schlamm die behaarten Waden paniert, wenn man „flowig“ durch den Brixener Bikepark fegt, heften sich die Mundwinkel automatisch an die Ohrläppchen. Bis das Adrenalin nachlässt, darf auch die Autorin – als Bergfreundin meist per pedes nur Zaungast im Bike-­Universum – von diesem Nektar kosten, wenn Mann und Sohn vor Begeisterung „übersprudeln“ …

Sportlich unterwegs in Südtirol

Sportlich begann sie schon vor vielen Jahren, unsere Leidenschaft für Südtirol: mit Baby in der Trage und Hund an der Leine die Waalwege entlang, rauf auf die herrlichen Berghänge, zwischendurch die Füße in eiskalte Bergseen, auf duftenden Almwiesen eindösen mit Blick auf die Drei Zinnen. Dann kam unser Pisten-Aha-Erlebnis auf Snowboard und Skiern am Kronplatz und in Gröden (Sellaronda: Halleluja!) und damit Wintersportgenuss pur.

Bis dann die Mountainbikes aufs Auto gezurrt wurden, waren wir diesem Flecken Erde längst verfallen: Bergpanorama ohne Ende, ein „Natursportplatz“, der keine Wünsche offenlässt, Hüttengenuss mit Pasta, Knödel-Tris und Buchweizentorte, Burgen und Schlösser, die Geschichten aus vielen Jahrhunderten erzählen, unaufdringlich-liebenswerte Gastfreundschaft und die freundliche Sonne des Südens ergeben eine unschlagbare Mischung, die uns alljährlich wie ein Magnet anzieht.

Die schönsten Berge der Welt

Kein Geringerer als der berühmte Reinhold Messner nennt die Südtiroler Berge „die schönsten der Welt“. Sein Landsmann Konrad Delazer zitiert ihn aus Überzeugung: „Wir haben nicht das Bedürfnis, in Urlaub zu fahren, weil wir hier alles haben!“ Konrad ist seit elf Jahren Mountainbike-Guide am ersten und nach wie vor einzigen Rad-Bauernhof unter dem Roten Hahn (Urlaub am Bauernhof in Südtirol). Den Häuslerhof am Apfelhochplateau Natz-Schabs oberhalb von Brixen führt Konni­ gemeinsam mit seiner ebenso sportlichen Frau Karin. Hier gibt es neben Wein und dem prämierten Bergapfelsaft auch Leihräder, eine Bike-Werkstatt und von Konrad geführte Bike- (und auch Wander-)Touren.

Seit zehn Jahren steigt die Zahl der Mountainbiker in Südtirol; es gibt genug Trails für alle. Angetrieben wurde die Bike-Begeisterung laut Konni „ganz sicher vom Hero“: Der „Hero Dolomites“, ein Mountainbike-Rennen für Profis und Amateure, feiert 2020 sein zehnjähriges Jubiläum und lädt alljährlich zu knackigen 4.500 oder 3.200 Höhenmetern auf 86 oder 60 Kilometern ein – logisch, dass sich auch Konrad „Hero“ nennen darf.

Voll im Flow

Voriges Jahr wurde auf der Plose, dem Hausberg von Brixen, ein Bikepark eröffnet – ein weiteres überzeugendes Trail-Angebot von mittlerweile vielen in Südtirol. Die Single-Trails aller Schwierigkeitsstufen begeistern mit ganz viel Flow. „Knallharte Downhilltrails sind zum Glück generell selten“, bestätigt Konni die Erfahrungen meiner beiden Trail-Tester. Spaß und Vielfalt für ein breites Bike-­Publikum stehen an erster Stelle. Anziehend ist für österreichische Biker auch, dass man in Südtirol überall Rad fahren darf, wo es nicht ausdrücklich verboten ist –­ in Österreich darf man hingegen nur dort biken, wo es ausdrücklich erlaubt ist.

Die Atmosphäre auf den Südtiroler Bergen bleibt trotzdem oder gerade deswegen entspannt: „Wanderer haben das Vorrecht, natürlich nimmt man Rücksicht“ – das ist offenbar nicht nur für Konrad eine Selbstverständlichkeit. Ein ähnliches Gespräch führte ich mit einer älteren wandernden Frau aus Deutschland, die meinte: „Es ist doch nicht schwierig, einen Schritt zur Seite zu machen – und alle kommen gut miteinander aus.“
Wie es in Südtirol eben heißt: mit „Reschpekt“!

Auch im Vinschgau gibt es laut Konrad super Trails und „Gröden hat sich zu einer tollen Bike-­Destination entwickelt“. Wir stellen fest, dass alle, die dort im Winter Skier verleihen, im Sommer Bikes anbieten. Auch E-Mountainbikes – die Familientour von St. Christina auf die sagenhafte Seiser Alm ist also geritzt, ich bin dabei.  „Bis Allerheiligen sind die Lifte in Betrieb“, macht uns Konrad Lust auf den Südtiroler Herbst inklusive Törggelen mit Kastanien und neuem Wein. „Die Bike-Saison geht bis Ende Oktober, das Wetter wird beständiger, die Berge werden rötlicher“, beschreibt er das berühmte Alpenglühen in seinem Eisacktal … Eine echt reizvolle Vorstellung.

 

 

CLAUDIA RIEF-TAUCHER 

Beitragsbild: Rief-Taucher